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Auch beim Selbstmord gibt es in Deutschland jetzt eine Zweiklassengesellschaft


urbs-media, 7.12.2009: Jeden Tag machen in Deutschland im Durchschnitt etwa 26 Menschen ihrem Leben freiwillig ein Ende. Dies sind pro Jahr fast 10.000 Suizidfälle. Trotz dieser hohen Zahl an Selbsttötungen findet das Thema Selbstmord jedoch im Regelfall in der deutschen Presse keinen Widerhall. Damit liegen die Medien in Deutschland voll auf der Linie der Bundesregierung, die Selbsttötungen zum Tabuthema erklärt hat. Das gilt nach gängiger Praxis der deutschen Medienwächter auch beim Selbstmord von Prominenten, wo z.B. die ausführliche Berichterstattung über den Selbstmord von Hannelore Kohl im Juli 2001 scharf gerügt wurde. Deshalb verwundert jetzt das Schweigen des Deutschen Presserates zum Medienrummel um den Freitod von Robert Enke. Hier werden die bisher üblichen Gepflogenheiten bei der publizistischen Behandlung von Suizidfällen praktisch auf den Kopf gestellt. Deshalb greifen wir das Thema "Suizid" nach einem Kommentar vom März 2005 jetzt erneut auf.

Jährlich fast 10.000 statistisch erfasste Selbsttötungen in Deutschland

Nach dem Statistischen Jahrbuch 2009 haben in Deutschland im Laufe des Jahres 2007 insgesamt 9.402 Personen Selbstmord begangen. Hinzu kommt dann noch eine beachtliche Dunkelziffer, weil z.B. bei vielen tödlichen Verkehrsunfällen nicht geklärt werden kann, ob der Unfall möglicherweise absichtlich herbeigeführt wurde. Zu berücksichtigen sind schließlich noch geschätzte 100.000 bis 150.000 Selbstmordversuche. Damit ist die Selbsttötung in Deutschland etwa doppelt so häufig wie der Tod im Straßenverkehr und mehr als zehn mal so häufig wie der Tod durch Aids.

Besonders suizidgefährdet sind in Deutschland Männer. Im Jahr 2007 haben sich insgesamt 7.009 Männer und "nur" 2.393 Frauen das Leben genommen. Auffällig ist dabei die Häufung von Selbstmorden in der Altersgruppe zwischen 45 und 65 Jahren, und zwar sowohl bei den Männern (2.408 Fälle) als auch bei den Frauen (766 Fälle). Selbstmorde von Kindern und Jugendlichen sind in Deutschland dagegen eher selten, wenn man von den so genannten Amokläufen an Schulen absieht, die sich für die Täter häufig ebenfalls als Selbstmord darstellen.

Die Ursachen für Selbstmorde

Üblicherweise werden Personen, die freiwillig aus dem Leben scheiden, als psychisch krank eingestuft. Ob aber tatsächlich eine psychische Erkrankungen die häufigste Ursache für einen Suizid sind, ist zumindest zweifelhaft. Denn hier scheint man vielfach Ursache und Wirkung zu vermischen. Die Psyche wird nämlich durch Druck von außen geschädigt und der Selbstmord ist in Wahrheit oft erst das letzte Glied in einer unheilvollen Verkettung von äußeren Umständen.

Im Fall des Torwarts Robert Enke hieß es von Eingeweihten, er habe in der ständigen Angst gelebt, die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen zu können. An diesem Druck sei er zerbrochen. Diese Ausgangslage - also vermeintlicher oder echter Druck von außen - dürfte in den meisten Selbstmordfällen ebenfalls vorliegen. Somit kann als Zwischenergebnis festgehalten werden, dass die Selbsttötung häufig als letzter Ausweg gewählt wird, wenn Menschen eine Situation als absolut unerträglich empfinden. Ob Selbstmord nun wie vielfach behauptet eine Krankheit ist oder doch eher eine natürliche menschliche Abwehrreaktion darstellt, sollte von der Wissenschaft unter dieser Prämisse daher grundlegend neu überdacht werden.

Welpenschutz für Prominente

Merkwürdig war die Reaktion vieler Medienvertreter auf den Freitod von Robert Enke. Da wurde allen ernstes darüber in der deutschen Presse diskutiert, ob man nach einem Fußballspiel als Kommentator noch von einer "vernichtenden Niederlage" sprechen darf. Mit gleichem Recht könnte man dann auch bei Politikern jegliche negative Berichterstattung verbieten, um deren zarte Seelchen nicht zu verletzen.

Aber hallo, sind wir denn noch ganz dicht? Wo bleibt der kollektive mediale Aufschrei, wenn fast täglich Tausende von Arbeitnehmern ihre Arbeit verlieren oder wenn langjährigen Mitarbeitern durch aberwitzige Kündigungsgründe die Existenzgrundlage entzogen wird? Hier fragt niemand danach, ob sich die Gesellschaft durch derartige Aktionen nicht die nächsten Suizidkandidaten schafft. Zur Klarstellung: Pro Tag begehen in Deutschland durchschnittlich zwei bis drei Personen dadurch Selbstmord, indem sie sich vom Zug überrollen lassen. Deshalb kann man das mediale Getue um den Selbstmord von Robert Enge nur als scheinheilig bezeichnen. Zumindest eines ist aber klar geworden: Von nun an gilt die Zweiklassen-Gesellschaft in Deutschland auch für Selbstmörder.

Nachtrag vom 8.2.2010: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zitiert in ihrer Ausgabe vom 7.2.2010 aus einer bisher geheimen Studie der Deutschen Bahn AG. Danach hat sich die Zahl der Eisenbahnsuizide in der Woche nach der Selbsttötung von Robert Enke vervierfacht.

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