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Die Bundesregierung plant ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ein Steuer-Placebo für geringverdienende Arbeitnehmer-Ehegatten


urbs-media, 20.8.2007: Bei einer Doppelverdienerehe genügte bisher ein Blick in die jährlich vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Tabellen zur Steuerklassenwahl, um für das laufende Jahr die günstigste Steuerklassenkombination festzulegen. Im Regelfall wählen die meisten Ehepaare die Steuerklasse III (für den Höherverdienenden) und die Steuerklasse V (für den Geringerverdienenden). Die entsprechenden Tabellen zur Steuerklassenwahl werden jährlich in der Rubrik "Termine und Zahlen" auf den Internetseiten von urbs-media veröffentlicht.

Im Ergebnis bleibt nach den gesetzlichen Abzügen (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) für den Ehegatten mit den geringeren Monatsverdienst als Nettolohn kaum noch die Hälfte des Bruttogehalts übrig. Um dieser offensichtlichen Steuer-Demotivation entgegenzuwirken, plant die Bundesregierung jetzt ein so genanntes Anteilsverfahren. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 sollen Doppelverdiener-Ehepartner die Möglichkeit erhalten, ihre Lohnsteuer entsprechend dem jeweiligen Anteil am Familieneinkommen zu bezahlen.

    Beispiel:
    Ein Ehepaar erzielt im Kalenderjahr lohnsteuerpflichtige Einnahmen von insgesamt 50.000 Euro. Das jährliche Einkommen des Ehemannes beträgt 35.000 Euro, seine Ehefrau verdient 15.000 Euro im Jahr. Die zusammenveranlagten Ehepartner zahlen insgesamt pro Jahr 6.722 Euro an Einkommensteuer, dabei entfallen auf den Ehemann in Steuerklasse III 2.952 Euro und auf die Ehefrau in der Steuerklasse V 3.400 Euro. Obwohl die Ehefrau also weniger als die Hälfte des Einkommens ihres Mannes bezieht, zahlt sie deutlich mehr Steuern.

    Nach dem neuen Anteilsverfahren würde sich bei gleichen Einkommensverhältnissen die Steuerlast von 6.722 Euro wie folgt verteilen: 4.750 Euro für den Ehemann und 2.017 Euro für die Ehefrau. Unter dem Strich steigt die Steuerbelastung des Ehemannes also um 1.788 Euro, während die Steuerlast seiner Ehefrau im gleichen Umfang sinkt.

urbs-media Praxistipp: Steuerexperten halten die Pläne der Bundesregierung zum steuerlichen Anteilsverfahren bei Doppelverdienern für eine reine Luftnummer. Das Anrechnungsverfahren wäre in der Praxis für die Arbeitgeber nämlich äußerst kompliziert, insbesondere wenn die Gehälter auch variable Entgeltbestandteile enthalten (z.B. Überstundenzuschläge, Tantiemen oder Erfolgsprämien). Denn in diesen Fällen lässt sich am Jahresbeginn gar nicht ermitteln, in welchem Verhältnis die jeweiligen Gehälter der Ehepartner zueinander stehen. Auch können sich durch Arbeitslosigkeit, Kindererziehung oder Arbeitsplatzwechsel einschneidende Veränderungen beim Einkommen ergeben. Jedes Mal müssten die betroffenen Arbeitgeber dann ihre Lohnbuchhaltung umstellen und andere Steuerbeträge an das Finanzamt abführen.

Gefährlich für die Arbeitnehmer könnte das Anrechnungsverfahren auch im Falle einer betriebsbedingten Kündigung werden. Denn zweifellos muss der Arbeitgeber das ihm bekannte Gehalt des anderen Ehegatten auch bei der Sozialauswahl berücksichtigen. Wer hier einen gut verdienenden Ehegatten hat, steht folglich ganz oben auf der Liste der aus betrieblichen Gründen zu entlassenden Arbeitnehmer.

Bei der Wahl der Steuerklasse (und um nichts anderes handelt es sich auch beim Anrechnungsverfahren) ist außerdem zu beachten, dass die jeweilige Steuerlast auch unmittelbaren Einfluss auf die Höhe von Lohnersatzleistungen hat. Arbeitnehmer, die zugunsten ihres geringer verdienenden Ehegatten einen größeren Teil der gemeinsamen Einkommensteuer übernehmen, erhalten wegen des entsprechend niedrigeren Nettoentgelts folglich auch weniger Arbeitslosen- oder Krankengeld. Wer daher absehen kann, dass er im Laufe des Kalenderjahres Lohnersatzleistungen beziehen wird, der sollte seine Steuerklasse zum Jahresbeginn so wählen, dass er ein möglichst hohes Nettoentgelt erhält. Dies gilt auch für die Bezieher von Mutterschafts- bzw. Elterngeld.



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