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Große Rechtsunsicherheit durch die neue Mietpreisbremse


urbs-media, 16.3.2015: Bereits am 25.11.2013 hatten wir an dieser Stelle über die Pläne der Bundesregierung zur Einführung einer so genannten Mietpreisbremse berichtet. Am 5.3.2015 hat der Bundestag jetzt mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Opposition das "Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung" (Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG) beschlossen. Dieses Gesetz enthält u.a. auch die oben erwähnte Mietpreisbremse.

Die neue Höchstmiete im einzelnen

Künftig wird in von den Bundesländern eigens festgelegten Regionen bei Neuvermietung eine Mietobergrenze gelten, die maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Darüber hinausgehende abweichende Mietpreisabreden sind künftig unwirksam.

Die Befugnis der Bundesländer zur Ausweisung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten ist zunächst auf maximal fünf Jahre befristet. Allerdings ist es durchaus möglich, dass die Bundesregierung diese Befristung später verlängern oder ganz abschaffen wird.

Ausnahmen von der Mietpreisbremse

Ausgenommen von der Mietpreisbremse sind Mietverträge über möblierten Wohnraum und Mietverträge, die für ab Oktober 2014 neu errichtete oder umfassend modernisierte Wohnungen abgeschlossen werden. Außerdem ist festgelegt, dass die Höchstmiete von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete für Neuverträge dann nicht gilt, wenn die Miete zuvor auch schon höher lag.

Entgegen den ursprünglichen Plänen der Bundesregierung gilt die Mietpreisbremse jetzt auch für so genannte Index- und Staffelmietverträge. In diesem Fall wird bei jedem Erhöhungsschritt geprüft, ob die 10-Prozent-Grenze in Bezug auf die ortsübliche Vergleichsmiete eingehalten wird.

Mietstreitigkeiten werden drastisch zunehmen

Experten gehen davon aus, dass die Gerichtsverfahren über die zulässige Miethöhe künftig dramatisch zunehmen werden. So prognostiziert z.B. der Präsident des Verbandes "Haus und Grund Rolf Kornemann einen Anstieg derartiger Rechtsstreitigkeiten von derzeit etwa 10.000 auf 100.000 pro Jahr.

Denn das Gesetz leidet an mehreren schwerwiegenden handwerklichen Mängeln, weil wichtige Rechtsbegriffe dort nicht definiert wurden. Es wird daher die Aufgabe der Rechtsprechung und letztendlich des Bundesgerichtshofs sein, die Bedeutung von Begriffen wie "angespannter Wohnungsmarkt, ortsübliche Vergleichsmiete oder umfassende Modernisierung verbindlich festzulegen.

Wie ermittelt man Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt?

Der juristische Ärger wird im Zweifelsfall bereits damit beginnen, dass sich Hauseigentümer gegen die Ausweisung von Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt durch die jeweiligen Landesregierungen wehren werden. Auch wenn man der Politik hier einen gewissen Ermessensspielraum einräumen will, so darf eine derartige Festlegung zumindest nicht willkürlich sein und muss eine nachvollziehbare und durch Fakten untermauerte Begründung enthalten. Darf man etwa eine ganze Stadt (z.B. Frankfurt) oder gar das gesamte Rhein-Main-Gebiet zum Notstandsgebiet auf dem Wohnungsmarkt erklären? Die urbs-media Redaktion hält eine derartige flächendeckende Notverordnung jedenfalls für rechtswidrig und unwirksam.

Wie ermittelt man die ortsübliche Vergleichsmiete?

Der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete ist durchaus nicht neu und wurde auch schon bisher für die Begründung von Mieterhöhungsverlangen (§ 558 BGB) herangezogen. Allerdings gibt es in Deutschland insgesamt gut 11.000 Städte und Gemeinden und gerade einmal 550 davon haben einen Mietpreisspiegel.

Hinzu kommt, dass von diesen 550 Mietspiegeln nur etwa 150 die gerichtlichen Anforderungen hinsichtlich der jeweiligen Wohnungsarten und Ausstattungsmerkmale erfüllen. Deshalb werden in vielen Fällen Sachverständige die ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln müssen, was derartige Gerichtsverfahren nicht nur verzögert, sondern auch zusätzlich verteuert.

Was sind umfassende Modernisierungen?

In der Gesetzesbegründung heißt es, "umfassend ist eine Modernisierung dann, wenn sie einen solchen Umfang aufweist, dass eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheint". Die Rechtsprechung hat eine derartige umfassende Modernisierung im Zusammenhang mit dem Wohnungsbauförderungsgesetz in der Vergangenheit regelmäßig angenommen, wenn der finanzielle Aufwand für die Renovierung etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht.

Allerdings ist völlig unklar, ob die Zivilgerichte diese Definition des Bundesverwaltungsgerichts auch im Rahmen der Mietpreisbremse berücksichtigen werden. Die Rechtsunsicherheit für den Vermieter in derartigen Renovierungsfällen ist daher außerordentlich hoch. Denn der Gesetzgeber spricht in seiner Begründung zur Mietpreisbremse zusätzlich davon, dass hierbei nicht nur der Investitionsaufwand, sondern zusätzlich auch die qualitativen Auswirkungen auf die Gesamtwohnung zu berücksichtigen ist. Deshalb soll eine umfassende Modernisierung nur dann vorliegen, wenn die Wohnung auch in mehreren wesentlichen Bereichen (insbesondere Sanitär, Heizung, Fenster, Fußboden, Elektroinstallationen bzw. energetische Eigenschaften) verbessert wurde.

Bekommen wir künftig Verhältnisse wie in der ehemaligen DDR?

Die bauliche Substanz vieler Gebäude in der ehemaligen DDR war zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung einfach nur verheerend. Ursache für diesen Instandsetzungsrückstand in Ostdeutschland war praktisch ausschließlich die dortige Mietpreisbremse, die es Hausbesitzern unmöglich machte, aus den Mieterträgen die notwendigen Sanierungsarbeiten zu finanzieren.

DDR-Verhältnisse werden wir mit Sicherheit nicht sofort bekommen, aber auch die DDR-Regierung hat damals gut 50 Jahre für den Verfall der Innenstädte gebraucht. Und eines sollten wir aus der DDR-Geschichte lernen: Gegen hohe Mieten helfen nur ausreichend viele neue Wohnungen, und zwar vor allem im sozialen Wohnungsbau. Und den hat die Bundesregierung (egal ob CDU/CSU und FDP, SPD und Grüne oder CDU/CSU und SPD) hierzulande seit über 20 Jahren sträflich vernachlässigt. Jetzt propagiert man die Mietpreisbremse als Instrument gegen den selbstverschuldeten Wohnungsmangel in Ballungsgebieten und nennt das Vorhaben im Gesetzentwurf kackfrech auch noch "alternativlos".

Wie hieß es bei Honecker doch so treffend: "Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf!" Wetten, dass aus der bisherigen auf fünf Jahre befristeten Mietpreisbremse in einigen Jahren eine Dauerlösung wird. Denn wer einmal auf einem bestimmten Gebiet mit staatlichen Regulierungen anfängt, der muss schließlich immer mehr regulieren und landet schließlich in der Planwirtschaft.

urbs-media Praxistipp: Marktbeobachter haben festgestellt, dass seit der erstmaligen Ankündigung der Mietpreisbremse im Koalitionsvertrag am Ende des Jahres 2013 die Wohnungsmieten bei Neuvermietungen vielerorts besonders stark gestiegen sind. Und das auch in Orten, wo die neue Mietobergrenze vermutlich gar nicht gelten wird, weil es dort keine "angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt" gibt. Damit ist die Mietpreisbremse ein anschauliches Beispiel dafür, wie durch Gesetzesinitiativen gerade eine Situation geschaffen oder verschärft wird, die die Regierung doch angeblich verhindern will.



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