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Video-Streaming im Internet verstößt nach Meinung der Bundesregierung nicht
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Frage der Fraktion "Die Linke": Hält die Bundesregierung das reine Betrachten eines Videostream für eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen hält die Bundesregierung dies für illegal und damit abmahnwürdig? Antwort der Bundesregierung: Das deutsche Urheberrechtsgesetz setzt sowohl bei der Ausgestaltung der Rechte, die es Urhebern und Leistungsschutzberechtigten gewährt (§§ 15 ff. des Urheberrechtsgesetzes - UrhG), als auch bei der Regelung der Schranken, die den Umfang der ausschließlichen Rechte der Rechtsinhaber einschränken (§§ 44a ff. UrhG), die Vorgaben der EU-Richtlinie 2001/29/EG (so genannte "Info-Richtlinie") um. Es ist dementsprechend richtlinienkonform auszulegen. Nach den §§ 15 ff. UrhG hat grundsätzlich der Urheber das alleinige Recht, sein Werk zu verwerten, es also insbesondere zu verbreiten, zu vervielfältigen oder der Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen. Das Urheberrechtsgesetz schützt darüber hinaus auch andere Leistungsschutzberechtigte, wie z.B. den Filmhersteller, § 94 UrhG. Eine Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Filme ist daher nur mit Zustimmurig der jeweiligen Rechtsinhaber oder aufgrund einer gesetzlichen Nutzungserlaubnis - d.h. aufgrund einer so genannten Schrankenregelung - zulässig. Nach § 44a UrhG ist eine Vervielfältigung ohne Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig, wenn es sich um vorübergehende Vervielfältigungshandlungen handelt, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Diese Regelung des § 44a UrhG setzt wortgleich Artikel 5 Absatz 1 der Info-Richtlinie um. Aber auch soweit die Voraussetzungen von § 44a UrhG im Einzelfall nicht gegeben sein sollten, wäre eine Vervielfältigung , die bei Betrachten eines Videostreams erfolgt, unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 UrhG (so genannte "Privatkopie-Schranke") zulässig. Nach § 53 Absatz 1 UrhG sind nämlich einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch erlaubt, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen. Allerdings darf zur Vervielfältigung keine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet werden. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zugänglichmachung muss für den jeweiligen Nutzer erkennbar sein. Dies gewährleistet, dass der Nutzer nicht mit unerfüllbaren Prüfpflichten belastet wird. Es obliegt dem Rechtsinhaber zu beweisen, dass die vervielfältigte Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht worden ist (Bundestagsdrucksache 16/1828, S. 26). Vor diesem Hintergrund hält die Bundesregierung das reine Betrachten eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung. Ob die Nutzung von Streaming-Angeboten eine Vervielfältigung darstellt, die Rechte von Urhebern oder Leistungsschutzberechtigten verletzt, ist allerdings bislang noch nicht durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt worden. Letztlich kann diese Frage nur vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden werden.
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Hinweis: Download des vollständigen Textes bei iRIGHTS.info.
Bis zu einem Urteil des EuGH sollte die eindeutige Stellungnahme der Bundesregierung dazu führen, dass den professionellen Abmahnern im Bereich Video-Streaming zumindest vorläufig das Handwerk gelegt wird. Wir können uns kaum vorstellen, dass die deutschen Gerichte jetzt noch Klagen der Abmahnanwälte stattgeben. Denn kein Gericht kann von einem Bürger verlangen, dass er schlauer ist als die Juristen der Bundesregierung.
Nachtrag vom 5.1.2015: Die Anwaltskanzlei Urmann & Collegen wurde inzwischen aufgelöst und der Rechtsanwalt Thomas Urmann hat seine Zulassung zurückgegeben. Damit haben die zahlreichen Strafanzeigen von abgemahnten Internet-Nutzern offenbar letztendlich doch zum Erfolg geführt.