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Darlehen gelten bei Hartz IV-Empfängern nicht als sonstige Einkünfte


urbs-media, 5.7.2010: Wenn ein Bezieher von Arbeitslosengeld II irgendwelche Einnahmen erzielt, dann werden diese nach § 11 SGB II praktisch immer mit der staatlichen Unterstützung verrechnet. Dies gilt auch für Geldschenkungen von Freunden und Verwandten, die nach dem Gesetz zwangsläufig dazu führen, dass laufende Leistungen eingestellt oder gekürzt werden.

Die Arbeitsagenturen zählten in diesem Zusammenhang auch Darlehen zum so genannten sonstigen Einkommen der Hilfeempfänger. Und seit die Arbeitsagenturen praktisch uneingeschränkten Einblick in die Konten der Hartz IV-Bezieher haben, landen derartige Fälle immer häufiger vor den Sozialgerichten.

Nach der Rechtsprechung galten vom Hilfeempfänger empfangene Darlehen im Regelfall nur dann nicht als Einkommen, wenn derartige private Zahlungen im Vorgriff auf die zu erbringenden staatlichen Leistungen erfolgt waren. Mit anderen Worten: Private Zuwendungen unter Angehörigen wurden nur dann nicht als Einkommen berücksichtigt, wenn der Grundsicherungsträger nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hatte.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat diese Betrachtungsweise nunmehr aufgegeben und entschieden, dass Geldzuflüsse in Form von Darlehen an die Bezieher von Hartz IV nicht als Einkommen anzurechnen sind. Voraussetzung ist lediglich, dass zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung eine ernsthafte Rückzahlungsvereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner getroffen wurde.

Im Urteilsfall hatte der Onkel der Klägerin dieser 1.500 Euro als Darlehen auf ihr Konto überwiesen. Als die ARGE bei einer Kontenüberprüfung diese Zahlung feststellte, forderte die ARGE die seither geleisten Hatz-IV-Leistungen zurück.

Wer einem Bezieher von Hartz IV Geld zukommen lassen will, ohne dass der Unterstützungsanspruch darunter leidet, der sollte daher eine schriftliche Vereinbarung darüber treffen, dass der Betrag als Darlehen gewährt wird und vom Empfänger zurückgezahlt werden muss. Nicht erforderlich ist, dass der Empfänger hierfür Zinsen bezahlen muss. Denn insbesondere unter Verwandten und Bekannten sind auch zinslose Darlehen üblich und müssen von den Arbeitsagenturen daher als wirksam anerkannt werden.

Der schriftliche Darlehens-Vertrag sollte unbedingt folgende Angaben enthalten: Den Darlehensbetrag, die Höhe der Verzinsung bzw. den Hinweis, dass es sich um ein zinsloses Darlehen handelt sowie Regelungen über den Zeitpunkt und die Modalitäten der Rückzahlung.

Sollte sich der "Darlehensgeber" später entschließen, auf eine Rückzahlung zu verzichten, dann hat dies keinen Einfluss auf die vom Staat gezahlte Hilfe zum Lebensunterhalt. Insbesondere können in einem derartigen Fall die in der Vergangenheit erbrachten Hartz IV-Zahlungen nicht nachträglich zurückgefordert werden.

(Bundessozialgericht, Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R)

urbs-media Praxistipp: Ein beliebtes Argument zur Verweigerung von Hartz IV-Leistungen ist die Behauptung, der Antragsteller verfüge noch über ein Kraftfahrzeug, das er zuerst verkaufen und damit seinen Lebensunterhalt bestreiten müsse. Hintergrund dieser Verweigerungshaltung ist § 12 Abs. 2 SGB II, wo es unter anderem heißt, dass ein erwerbsfähiger Hilfebedürftige nur über ein "angemessenes Kraftfahrzeug" verfügen darf.

Wie bei derartigen Gummiparagraphen üblich entwickelte sich zwischen den Trägern der staatlichen Grundsicherung und den Hilfebedürftigen schon bald ein erbitterter Streit darüber, was unter dem Begriff "angemessenes Kraftfahrzeug" zu verstehen sei. Die Arbeitsagenturen bzw. die kommunalen Träger der Grundsicherung verwiesen in diesem Zusammenhang auf eine angebliche Richtlinie, wonach die Grenze für die Angemessenheit eines Kraftfahrzeugs bei einem Zeitwert von maximal 5.000 Euro liegen sollte.

Die Sozialgerichte haben diese ohne gesetzliche Grundlage festgelegten Wertgrenzen für Kraftfahrzeuge von erwerbsfähigen Hilfeempfängern jedoch nie anerkannt und ihre eigenen Maßstäbe dazu entwickelt, was unter einem "angemessenen Kraftfahrzeug" zu verstehen ist. Im Sinne der Hartz IV-Empfänger großzügig zeigte sich z.B. das Sozialgericht Aurich, das einen Fahrzeugwert von 9.900 Euro noch für angemessen hält (S 15 AS 11/05 ER). Auf dieser Linie liegt auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg, wenn es die Anrechenbarkeit eines Gebrauchtwagen im Wert von 9.800 Euro als Vermögen untersagt (L 7 AS 2875/05 ER-B). Als grobe Leitlinie der Sozialgerichte galt daher bei Kraftfahrzeugen bisher ein Zeitwert von ca. 10.000 Euro als noch angemessen im Sinne von § 12 SGB II.

Das Bundessozialgericht vertritt dagegen zu Lasten der Hartz IV-Empfänger einen deutlich restriktiveren Standpunkt. Die Frage der Angemessenheit beurteilt sich nach Meinung der BSG-Richter an der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung. Hiernach ist ein Betrag in Höhe von 9.500 € erforderlich, um ein Kfz zu beschaffen, das ein Arbeitnehmer für Fahrten von und zum Arbeitsplatz benötigt. Da nach der Absicht des Gesetzgebers Hartz IV-Bezieher aber nur einen Lebensstandard beanspruchen können, wie er den unteren 20 % der Gesellschaft entspricht, ist der Betrag von 9,500 Euro unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten auf 7.500 Euro zu reduzieren (Bundessozialgericht, Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R).



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