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Der Regelsatz für die Bezieher von Hartz IV soll zum 1.1.2011 um 5 Euro auf dann 364 Euro pro Monat steigen


urbs-media, 4.10.2010: In unserem Update vom 15.2.2010 hatten wir ausführlich über drei Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Berechnung der Leistungen für die Bezieher von Arbeitslosengeld II (das so genannte Hartz IV) berichtet. Damals hatten die Karlsruher Richter entschieden, dass die gegenwärtige Berechnungsmethode von Hartz-IV verfassungswidrig ist. Weil die Bundesregierung dem Gericht gegenüber nicht erläutern konnte welche Kriterien dem aktuelle Hartz-IV-Satz von 359 Euro pro Erwachsenen zugrunde liegen, hat das Bundesverfassungsgericht folgerichtig den Gesetzgeber verpflichtet, bis spätestens 1.1.2011 eine dem Grundgesetz entsprechende Aufschlüsselung des Existenzminimums vorzulegen.

Zugleich hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die prozentualen Abschläge der Hartz-IV-Leistungen für Kinder offensichtlich verfassungswidrig sind. Deshalb hatte das Gericht festgelegt, dass die Arbeitsagenturen mit sofortiger Wirkung für schulpflichtige Kinder zusätzlich zu den gesetzlich festgelegten Regelsätzen auch sonstige unvermeidbare Ausgabenpositionen bezahlen müssen.

(BVerfG, Urteile vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09)

Schon in unserem damaligen Artikel hatten wir vermutet, die Bundesregierung werde die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts nach Möglichkeit kostenneutral umsetzen. Auch hatten wir prognostiziert, dass es für Kinder von Hartz IV Empfängern wohl keine Erhöhung der Regelsätze geben wird, sondern ein bürokratisches Sammelsurium von Sachleistungen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung zu den Regelsätzen für Hartz IV entspricht folglich in vollem Umfang den von der urbs-media Redaktion bereits im Februar 2010 geäußerten Erwartungen.

Die ab 1.1.2011 geplanten Hartz-IV-Regelsätze im Detail

Der monatliche Regelsatz für Erwachsene steigt um 5 Euro auf 364 Euro

Die monatlichen Regelsätze für Kinder und Jugendliche bleiben unverändert bei

  • 215 Euro bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres
  • 251 Euro ab dem Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres
  • 287 Euro ab dem Beginn des 15. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
Zusätzlich können Kinder und Jugendliche auf Antrag monatlich bis zu 20 Euro als so genanntes Bildungspaket erhalten. Die Einzelheiten hinsichtlich Art und Umfang der jeweiligen Leistungen (z.B. Schulmittagessen, Nachhilfeunterricht, Mitgliedsbeiträge für Vereine) sind derzeit aber noch völlig unklar.

Die nachfolgende Übersicht zeigt auf, in welcher Höhe die Bundesregierung die einzelnen Ausgabenpositionen für die Bezieher von Hartz IV festgesetzt hat:

  Volljährige Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres Jugendliche von Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke 128,46 Euro 78,67 Euro 96,55 Euro 124,02 Euro
Bekleidung und Schuhe 30,40 Euro 31,18 Euro 33,32 Euro 37,21 Euro
Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung 30,24 Euro 7,04 Euro 11,07 Euro 15,34 Euro
Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände 27,41 Euro 13,64 Euro 11,77 Euro 14,72 Euro
Gesundheitspflege 15,55 Euro 6,09 Euro 4,95 Euro 6,56 Euro
Verkehr 22,78 Euro 11,79 Euro 14,00 Euro 12,62 Euro
Nachrichtenübermittlung 31,96 Euro 15,75 Euro 15,35 Euro 15,79 Euro
Freizeit, Unterhaltung, Kultur 39,96 Euro 35,93 Euro 41,33 Euro 31,41 Euro
Bildung 1,39 Euro 0,98 Euro 1,16 Euro 0,29 Euro
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen 7,16 Euro 1,44 Euro 3,51 Euro 4,78 Euro
Andere Waren und Dienstleistungen 26,50 Euro 9,18 Euro 7,31 Euro 10,88 Euro

urbs-media Praxistipp: Wir gehen davon aus, dass die Hartz-Sätze auch nach der angeblichen Neuberechnung wieder verfassungswidrig sind. Denn die Bundesregierung ist nicht von dem tatsächlichen (Mindest)-Bedarf der Menschen in Deutschland ausgegangen, sondern orientiert sich an fiktiven Verbrauchsstatistiken. In der Tageszeitung (TAZ) vom 28.9.2010 bringt der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geissler die methodischen Mängel der Hartz-VI-Berechnungen wie folgt auf den Punkt: "Es war falsch, das bisherige Wartenkorb-Modell durch ein Statistikmodell zu ersetzen. Denn es ist Unsinn, den Bedarf von Hartz-IV-Empfängern danach zu berechnen, wofür die ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung ihr Geld ausgeben. Da beißt sich die Katze in den Schwanz."

Gerade wegen der nicht nachvollziehbaren Berechnungsmethode der Hartz-Sätze hatte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber verpflichtet, hier objektive Kriterien anzulegen und sich nicht hinter statistischen Rechenwerken und fiktiven Abzugsposten zu verschanzen. An diesem methodischen Mangel leiden auch die neuen (alten) Regelsätze für Kinder und Jugendliche. Ein Blick in die vorstehende Tabelle legt vielmehr den Schluss nahe, dass die von der Bundesregierung für die verschiedenen Alterstufen festgesetzten Beträge völlig willkürlich sind.

Falsch ist auch die Behauptung der schwarz-schwarz-gelben Regierungskoalition, ein "Nein" der SPD im Bundesrat würde dazu führen, dass die Hartz-IV-Sätze zum Jahresbeginn überhaupt nicht steigen und das so genannte Bildungspaket für Kinder im Gegenwert von 20 Euro nicht zur Anwendung komme. Wer so argumentiert, hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts offenbar nicht verstanden: Zumindest für die Ansprüche von Kindern auf zusätzliche Bildungsleistungen gilt nämlich folgendes: Seit dem 9.2.2010 muss der so genannte unabwendbare zusätzliche Bedarf ohne wenn und aber von den Arbeitsagenturen übernommen werden. Hierzu bedarf es folglich keines zusätzlichen Gesetzes, der entsprechende Anspruch ergibt sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar aus dem Grundgesetz und kann notfalls vor den Sozialgerichten eingeklagt werden. Gerichtskosten fallen für derartige Klagen nicht an.



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