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Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gilt auch bei Fahrten von der Zweitwohnung zum Arbeitsplatz


urbs-media, 15.9.2008: Wer sich auf dem Hinweg von seiner Wohnung zum Arbeitsplatz oder auf dem Rückweg von der Arbeitsstätte zum Wohnort befindet, der steht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Versicherungsschutz bei Wegeunfällen beginnt dabei mit dem Verlassen der Haustüre zum öffentlichen Verkehrsraume und endet auch wieder an der Haustüre. Dies gilt auch für größere Wohnanlagen, so dass z.B. ein Sturz innerhalb eines Hochhauses auf dem Weg zur eigentlichen Wohnung nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht.

Wenn Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen zwei Wohnungen besitzen (eine Zweitwohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes und eine Hauptwohnung), dann besteht nach den allgemeinen Regeln Versicherungsschutz zunächst nur für den Weg von der Zweitwohnung zum Arbeitsplatz und zurück. § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB IIV erweitert den Versicherungsschutz für diese Personen dann auf das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben. Der Versicherungsschutz besteht dabei sowohl für die erste Fahrt von der Familienwohnung zum Ort der Tätigkeit, um dort die Arbeit aufzunehmen, sowie für die letzte Fahrt zurück, nachdem das Beschäftigungsverhältnis beendet wurde als auch Besuchsfahrten zwischendurch.

Einen Fallstrick hat die Rechtsprechung jedoch für den Fall eingebaut, wenn nicht klar ersichtlich ist, wo die Hauptwohnung und wo die Nebenwohnung des Versicherten ist. Derartige Zweifelsfälle können z.B. bei ledigen Arbeitnehmern auftreten, aber auch bei Ehepaaren, die ihre Wochenenden abwechselnd an verschiedenen Wohnorten verbringen. In diesem Fall fehlt es nämlich an einem regelmäßigen "Lebensmittelpunkt", so dass ein versicherter Wegeunfall nicht vorliegt, wenn der Arbeitnehmer auf dem Weg zur weiter entfernt liegenden Wohnung verunglückt.

(Landessozialgericht Thüringen, Urteil vom 10.10.2004 - L 1 U 625/02)

urbs-media Praxistipp: Schüler stehen während ihrer Ausbildung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Versicherungsschutz gilt dabei nicht nur während der eigentlichen Zeit in der Schule, sondern umfasst auch so genannte Wegeunfälle, also die Strecke zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchst b SGB VII in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Damit ist der gesetzliche Versicherungsschutz gegen Unfälle bei Schülern und Studenten ähnlich ausgestaltet wie bei Arbeitnehmern.

Dieser Gleichklang beim Versicherungsschutz führte bisher dazu, dass wie bei Arbeitnehmern auch Schüler bei Wegeunfällen nur dann versichert sind, wenn sie den direkten Weg zur Schule wählen. Tritt daher auf einem Umweg ein Unfall ein, so besteht daher nach der bisherigen Praxis der Unfallversicherungsträger kein Versicherungsschutz.

So verweigerte z.B. der Bayerische Gemeindeunfallversicherungsverband eine Entschädigung für einen achtjährigen Schüler, der im Schulbus versehentlich seine Haltestelle verpasst hatte erst nach zwei weiteren Haltestellen ausgestiegen war. Hierdurch verlängerte sich der Rückweg um 350 Meter. Auf dem Rückweg wurde der Schüler von einem Auto angefahren und schwer verletzt. Unter anderem erlitt er ein Schädelhirntrauma mit Dauerschäden. Die Unfallversicherung verweigerte die Übernahme der Behandlungskosten. Begründung: Der Junge habe nicht die kürzeste Strecke gewählt und seinen normalen Schulweg verlassen.

Das Bundessozialgericht hat jetzt entschieden, dass zumindest bei Kinder und Jugendlichen der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht generell erlischt, wenn für den Schulweg nicht die kürzeste Strecke gewählt wird. Die für Arbeitsunfälle geltenden strengen Maßstäbe sind nach Meinung der BSG-Richter nicht unmittelbar auf Kinder und Jugendliche übertragbar. Vielmehr sind hier deren jugendliche Unreife und altersspezifischen Verhaltensweisen zu berücksichtigen. Daher wurde der beklagte Unfallversicherungsverband letztinstanzlich verurteilt, die notwendigen Behandlungskosten zu übernehmen (Bundessozialgericht, Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R).

Der Unfallversicherungsschutz bei Umwegen im schulischen Bereich besteht nach dem Urteil des Bundessozialgerichts aber nicht generell. Ein wesentliches Argument zur Ausweitung des Versicherungsschutzes im Urteilsfall war nämlich, dass der Umweg vom Schüler nicht geplant war. Anders sieht die Rechtslage daher z.B. dann aus, wenn ein Schüler von der Schule zunächst z.B. Verwandte aufsucht, um dort sein Mittagessen einzunehmen. Verlängert sich hierdurch der Nachhauseweg, dann steht die zusätzliche Weg-Strecke nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Wird der Schulweg ohne Umweg dagegen lediglich unterbrochen, dann bleibt der Unfallversicherungsschutz grundsätzlich bestehen. Die Versicherung "ruht" dann lediglich für den Zeitraum der Unterbrechung. Der Versicherungsschutz tritt dann wieder in Kraft, sobald der Versicherte erneut den öffentlichen Verkehrsraum betritt.



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