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Vorsicht bei Geldgeschenken an Kinder von Hartz IV Beziehern


urbs-media, 5.9.2011: Geldgeschenke an die Kinder von Beziehern von Arbeitslosengeld II (dem so genannten Hartz IV) gelten als Einkommen, wenn Sie den Rahmen des Üblichen übersteigen. Und was "üblich" ist, das bestimmen die Jobcenter. So ist z.B. nach Meinung des Jobcenters im Landkreis Leipzig innerhalb von 12 Monaten ein Betrag von 50 Euro anrechnungsfrei. Der absolute Hammer allerdings ist, dass die 50 Euro vom Jobcenter nicht pro Kind gewährt wurden, sondern für die gesamte Familie. Die bestand damals neben der alleinerziehenden Mutter aus drei minderjährigen Kindern.

Der Fall: Zwischen November 2006 und Februar 2007 hatte die Großmutter für ihre Enkel insgesamt 570 Euro auf das Konto ihrer Tochter überwiesen. Die Geldgeschenke erfolgten zum Geburtstag der Kinder (2 x 135 Euro) sowie zu Weihnachten (3 x 100 Euro). Als das Jobcenter bei einer Überprüfung des Kontos die Geldeingänge bemerkte, sollte die Mutter 520 Euro zurückzahlen, weil dieses Geld als "Einkommen" zu werten sei.

Vor dem Sozialgericht in Leipzig erhielt die Mutter teilweise Recht. Die Geldgeschenke wurden von den Richtern nämlich als einzelne Zahlungen bewertet und die Freigrenze von 50 Euro dementsprechend für die Geburtstage und für Weihnachten gesondert berücksichtigt. Dementsprechend hätte die Mutter zumindest 250 Euro behalten dürfen.

Auf die Berufung des Jobcenters hin hat dann das Landessozialgericht in Chemnitz entschieden, das der ursprüngliche Rückforderungsbescheid des Jobcenters rechtmäßig sei. Die Mutter sollte nach diesem Urteil also von den erhaltenen Geldgeschenken insgesamt 520 Euro zurückzahlen.

Schließlich kam der Fall vor das Bundessozialgericht in Kassel, weil die Mutter Revision eingelegt hatte. Und dort wurde der Fall juristisch völlig anders beurteilt: Schon das Rückforderungsverfahren sei formell rechtswidrig abgelaufen. Deshalb durfte die Mutter (bzw. deren Kinder) das geschenkte Geld wegen formeller Mängel des Rückforderungsbescheids letztendlich vollständig behalten.

Mit dem Urteil des Bundessozialgerichts ist die wichtige Rechtsfrage, in welchem Umfang Kinder von Hartz IV Beziehern Geldgeschenke behalten dürfen, aber immer noch nicht geklärt. Die Unsicherheit bei den Betroffenen besteht also unverändert fort.

(BSG, Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 74/10 R)

urbs-media Praxistipp: Seit 1.4.2011 hat sich die Rechtslage bei Geldgeschenken geändert. Nach einer Neuregelung in § 11a SGB II gilt laut Abs. 5 dieser Vorschrift für Zuwendungen Dritter an die Bezieher von staatlichen Sozialleistungen folgendes:

§ 11a SGB II (Nicht zu berücksichtigendes Einkommen)

(……)

(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

  1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder

  2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Jetzt lassen Sie sich dieses Kauderwelsch mal auf der Zunge zergehen: Klare und rechtssichere Gesetze sehen jedenfalls anders aus. Die neue Vorschrift provoziert daher weitere Prozesse, weil sie der willkürlichen Auslegung keinen Riegel vorschiebt und vor allem keine konkreten Wertgrenzen festlegt.

Auch nach dieser Gesetzesänderung sollten Geldgeschenke daher grundsätzlich nie auf ein Konto überwiesen werden, sondern immer nur in bar erfolgen. Denn durch die Kontoüberwachung der Sozial- und Steuerbehörden entgeht dem wachsamen Auge des Staates kaum eine derartige Transaktion.

Und wenn schon trotz der oben genannten Bedenken der bargeldlose Weg gewählt wird, dann ist unbedingt darauf zu achten, dass in der Überweisung ein genauer Zweck genannt wird. Angaben wie "Zum Geburtstag" oder "Kauf Dir was schönes" sind dabei grundsätzlich zu unterlassen, weil dies nach Meinung der Gerichte keine ausreichende Zweckbestimmung ist, um die Anrechnung auszuschließen. Scheiben Sie dann wenigstens "Für Dein neues Fahrrad" oder ähnliches auf das Überweisungsformular.

Aber wie gesagt: Nicht nur im Sozialrecht gilt ein eiserner Grundsatz: Nur Bares ist Wahres!



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