aktuelle WEB-Tipps |
www.urbs.de Kommentare gegen die politische Demenz |
Homepage |
---|---|
Übersicht |
Beim Streikrecht für Kirchenangestellte ist das letzte Wort
|
Artikel 136 WRV(2) Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. (3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert. (4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden. Artikel 137 WRV(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluss von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen. (3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.
|
Sie werden sich nach der Lektüre der einschlägigen Verfassungsvorschriften zum Thema "Religionsgemeinschaften" nun mit Recht fragen: Wie kommen die Zollitschs und Schneiders um Gottes Willen nur darauf, dass Arbeitnehmer von kirchlichen Organisationen keine Tarifverhandlungen führen und insbesondere nicht streiken dürfen?
Wie die Zeitung "Neues Deutschland" in ihrer Ausgabe vom 20.11.2012 berichtet, gab es in der Weimarer Republik durchaus Tarifverträge in kirchlichen Einrichtungen und auch gewerkschaftlich organisierte Streiks. Die von den Kirchenoberen in Deutschland mit Vorliebe gebrauchte Formulierung "Gott kann man nicht bestreiken" kann also nur ein Produkt der Nachkriegs-Geschichte sein.
Und tatsächlich: Das Streikverbot für Kirchenmitarbeiter stammt aus der Adenauer-Zeit. Denn erst in den 50er-Jahren setzte sich die frömmelnde Rechtauffassung durch, dass man "gegen Gott nicht streiken könne".
(BAG, Urteile vom 20.11.2012 - 1 AZR 611/11 und 1 AZR 179/11).
Den von den Kirchen propagierten gewerkschaftsfeindlichen Sonderweg darf es folglich nur dort geben, wo es unmittelbar um grundlegende Glaubensinhalte geht. Ein Streikverbot für Pfarrer und Bischöfe wäre daher vermutlich zu akzeptieren, nicht aber für Ärzte und Pfleger in kirchlichen Kliniken oder für das Personal in einem kirchlichen Kindergarten.
Gefahr droht den Kirchenmitarbeitern aber auch von der Politik: Dass CDU und CSU fest zu den in der Adenauerzeit entwickelten Grundsätzen des kirchlichen Streikverbots stehen, versteht sich von selbst. Aber auch unter einer denkbaren rot-grünen Bundesregierung hätten die 1,3 Mio. Kirchenbeschäftigten keinen Grund zum Jubeln: Denn die Spitzenkandidatin der Grünen für die kommende Bundestagswahl Katrin Göring-Eckardt hat sich in ihrer Rolle als Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland stets für eine Beibehaltung des Streikverbots ausgesprochen. Damit ist die derzeitige Grünenführung noch deutlich konservativer als der Vatikan, der schon seit Jahrzehnten ohne zu murren mit den italienischen Gewerkschaften Tarifverträge für die Angestellten im Kirchenstaat abschließt.