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Die Erbschaftsteuerreform führt zu Betriebsverlagerungen ins Ausland und zum Arbeitsplatzabbau in Deutschland


urbs-media, 1.12.2008: Von den Koalitionsparteien wird die Reform der Erbschaftsteuer zum 1.1.2009 als politische Großtat gefeiert. Da heißt es z.B. in der amtlichen Pressemitteilung der Bundesregierung, "die Reform sei ein Gewinn für unser Land und seine Menschen". Viele Betroffene sehen die geplanten Neuregelungen dagegen kaum als Gewinn, sondern eher als Aufforderung, entweder das Land zu verlassen oder bisherige unbefristete betriebliche Vollzeitstellen künftig mit Saison- und Leiharbeitnehmern zu besetzen. Seit die Erbschaftsteuer in Österreich zum 1. August 2008 vollständig abgeschafft wurde, ist in der Alpenrepublik innerhalb kurzer Zeit sogar ein völlig neuer Berufszweig entstanden: Auswanderungshelfer für deutsche Familien-Unternehmer und vermögende Privatpersonen.

Die staatliche österreichische Ansiedlungsagentur wirbt in Deutschland massiv für Firmenverlagerungen

Der Österreichische Integrationsfonds bereitet sich auf einem verstärkten Zuzug deutscher Staatsbürger vor. Um die eigene Bevölkerung auf die Neubürger aus Deutschland einzustimmen, wurde kürzlich sogar eine Broschüre mit den Titel "Die Deutschen kommen" veröffentlicht. Darin werden die deutschen Auswanderer als größte, aber zugleich unauffälligste Zuwandergruppe vorgestellt. Aktueller Anlass für diese Aktion des Integrationsfonds ist offensichtlich die Debatte in Deutschland um die negativen Folgen der deutschen Erbschaftsteuerreform für mittelständische Unternehmen.

Hier positioniert sich Österreich gerade als Fluchtziel für deutsche Unternehmen und vermögende Einzelpersonen, die den Betriebs- und Vermögensübergang auf ihre Nachkommen oder auf sonstige Familienmitglieder so steuergünstig wie möglich gestalten wollen. Denn seit 1. August 2008 gibt es in Österreich keine Erbschaftsteuer mehr, lediglich bei der Übertragung von Grundvermögen fällt eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5 Prozent an. Folglich wirbt die Ansiedlungsagentur der österreichischen Regierung (Austrian Business Agency) sogar in persönlichen Briefen an deutsche Unternehmer mit dem Wegfall der Erbschaftsteuer in Österreich.

Erbschaftsteuerbefreiung für Betriebsvermögen vernichtet betriebliche Arbeitsplätze

Das hatten sich die Politiker in Berlin eigentlich ganz schlau ausgedacht: In den Genuss einer vollständigen Erbschaftsteuerbefreiung für Betriebsvermögen sollen nämlich nur diejenigen Erben kommen, die den Betrieb mindestens 10 Jahre lang weiterführen und während dieser Zeit ihren Beschäftigten mindestens die Lohnsumme zahlen, die zum Zeitpunkt der Betriebsübergabe gezahlt wurde. Mit dieser Regelung will die Bundesregierung offensichtlich europarechtskonform verhindern, dass Arbeitsplätze von den Erben in Billiglohnländer verlagert werden.

Der Pferdefuß dieser Regelung ergibt sich jedoch aus § 13a Abs. 4 des Entwurfs zum neuen Erbschaftsteuergesetzes. Dort wird nämlich das Entgelt für Saison- und Zeitarbeiter ausdrücklich bei der Ermittlung der maßgeblichen Lohnsumme ausgenommen. Mit anderen Worten: Wer im letzten Jahr vor der Betriebsübertragung viele Leiharbeitnehmer und Saisonkräfte beschäftigt, der muss auch in den Folgejahren seinen Beschäftigten entsprechend weniger Lohn zahlen. Eine bessere Werbung für den Einsatz von Leiharbeitnehmern und den Abbau von betrieblichen Stammarbeitsplätzen kann man sich eigentlich kaum vorstellen. Folglich wird diese Form der Lohnsummenreduzierung durch Leiharbeitnehmer und befristete Beschäftigungsverhältnisse in Unternehmerkreisen bereits ernsthaft erwogen, um den Erben die Betriebsfortführung bei gleichzeitiger Erbschaftsteuerbefreiung zu ermöglichen.

Erbschaftsteuerreform als Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland

DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun befürchtet, dass die Erbschaftsteuerreform zu einem ernsthaften Standortproblem für Deutschland werden kann. Er bezieht sich dabei insbesondere auf eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, wonach die Neuregelung bei ertragsstarken Unternehmen im Vergleich zur bisherigen Regelung zu einer Verzehnfachung der Erbschaftsteuerbelastung führen könne.

Nach Angaben des Salzburger Rechtsanwalts Malte Berlin in der Welt am Sonntag vom 16.11.2008 nimmt die Zahl der umsiedlungswilligen Deutschen immer mehr zu, wobei die Vermeidung der deutschen Erbschaftsteuer offensichtlich ein Hauptmotiv für die Auswanderung nach Österreich ist. Viele Auswanderer wollen nach Aussage von Rechtsanwalt Berlin sogar ihre Staatsbürgerschaft aufgeben. Deutschland droht daher nicht nur ein Abfluss von Kapital in Milliardenhöhe, sondern auch der Verlust von Patenten, die die Auswanderer ebenfalls mitnehmen. Denn nur derjenige kann sein Vermögen erbschaft- und schenkungsteuerfrei übertragen, der alle persönlichen Bindungen nach Deutschland aufgegeben hat. Dies gilt insbesondere für Nebenwohnsitze in Deutschland, die dem deutschen Fiskus trotz Wohnsitzverlagerung nach Österreich den Zugriff auf in Deutschland gelegene Vermögenswerte eröffnen würden. Deshalb ist eine fachkundige Beratung unbedingt erforderlich, um sich nicht in den zahlreichen Fußangeln des deutschen Außensteuergesetzes (AstG) zu verfangen.

Handlungsbedarf wegen der Erbschaftsteuer besteht insbesondere für Geschwister als Erben

Wenn Vermögen auf Geschwister übertragen werden soll, lohnt es sich ganz besonders, über einen kollektiven Umzug nach Österreich nachzudenken. Denn die Erben der Steuerklasse 2 (Geschwister, Neffen und Nichten, Schwiegereltern, Schwiegerkinder und geschiedene Ehegatten) gehören zu den eindeutigen Verlierern der deutschen Erbschaftsteuerreform. Fällt hier z.B. nach noch geltendem Recht bei einem Nachlass von 50.000 Euro nur eine Steuer in Höhe von 12 Prozent an, müssen die Erben in diesem Fall künftig fast das Dreifache - nämlich 30 Prozent - an den deutschen Fiskus abführen. Ab einem Vermögen von 13 Mio. Euro steigt der Erbschaftsteuersatz sogar schlagartig auf 50 Prozent, bisher waren hier "nur" 32 Prozent Erbschaftsteuer fällig. Die Bundesregierung will daher offensichtlich die erhöhten Freibeträge für Kinder und Ehegatten beim Immobilienvermögen durch eine drastische Erhöhung der Erbschaftsteuer für entferntere Verwandte und sonstige Personen kompensieren.

Wer daher z.B. seinen Bruder oder Nichten und Neffen als Betriebsnachfolger ins Auge gefasst hat, wird an einer frühzeitigen Wohnsitzverlagerung aller Beteiligten nicht herumkommen, wenn er die Existenz des Unternehmens nicht gefährden will. Die Behandlung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer ist daher wieder ein typisches Beispiel dafür, wie fehlende Sachkenntnis unserer Politiker im Ergebnis dem Gemeinwesen erhebliche finanzielle Schäden zufügt. Statt einer verwaltungsaufwändigen und komplizierten Besteuerung von Erbschaften sollten besser die Einkommensteuersätze für Spitzenverdiener massiv angehoben werden. Dies würde unter dem Strich mit Sicherheit für mehr sozialer Gerechtigkeit in Deutschland sorgen als eine Erbschaftsteuer, die in der Praxis nur noch die Dummen zahlen.

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