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Der peinliche Eiertanz der Großen Koalition um die Wiedereinführung der Pendlerpauschale


urbs-media, 5.11.2007: Etwa 25 Mio. Bundesbürger pendeln täglich zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Zwei Drittel der Berufspendler sind dabei auf das Auto angewiesen und der Anteil der Benutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln (Busse und Bahnen) liegt gerade einmal bei 14 Prozent. Anfang des Jahres 2007 wurden die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz nach dem Willen der Großen Koalition jedoch zur "Privatsache" erklärt und können nur noch bei so genannten Fernpendlern ab dem 21. Entfernungskilometer wie Werbungskosten oder Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt werden. Hieraus resultiert ein jährlicher Kaufkraft-Verlust für die betroffenen Steuerzahler in Höhe von 2,5 Mrd. Euro. Dass diese staatliche Kaufkraftabschöpfung auch Auswirkungen auf die Binnennachfrage in Deutschland hat, kann man an den real sinkenden Einzelhandelsumsätzen in Deutschland deutlich nachweisen.

Staatliche Verfassungsbrüche haben in Deutschland eine lange Tradition

Dass es die Politiker in Deutschland mit dem Grundgesetz und den Bürgerrechten nicht so genau nehmen, weiß jeder, der in den vergangenen Jahren die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs verfolgt hat. Die Zahl der verfassungsfeindlichen parlamentarischen Aktionen scheint dabei immer dann zuzunehmen, wenn in Deutschland eine Große Koalition am Ruder ist. Mangels einer wirksamen Vertretung der Bürger im Parlament werden verfassungsrechtliche Bedenken von einer breiten Regierungsmehrheit ohne Skrupel selbstherrlich vom Tisch gewischt. Inzwischen füllen die gerichtlich dokumentierten staatlichen Verfassungsbrüche schon ganze Bücherregale in den juristischen Fachbibliotheken.

Genau so ging auch die Abschaffung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs bei den Fahrtkosten über die Bühne des Berliner Reichstags. Schon als Mitte 2006 die ersten Pläne zur Abschaffung der Pendlerpauschale bekannt wurden, haben praktisch alle Steuerexperten die Abgeordneten im Bundestag darauf hingewiesen, dass es sich bei den Fahrtkosten zum Arbeitsplatz um originäre Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt, die man nicht ohne Verstoß gegen das Grundgesetz zur Privatangelegenheit der Pendler erklären kann. Denn die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz gehört bereits seit den Zeiten des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zu den tragenden Säulen des Steuerrechts. Hier gilt nämlich der Grundsatz: "Wenn der Erwerbende sich nicht zu seiner Arbeitsstelle begibt, so verdient er auch nichts." Wie in der Vergangenheit schon mehrfach zeigten sich die Abgeordneten der großen Koalition jedoch auch diesmal erneut als beratungsresistent. Man ist ja schließlich die Regierung und das Volk muss gefälligst parieren!

Politische Scheindebatte aus Angst vor dem Bundesverfassungsgericht

Inzwischen pfeifen es aber die Spatzen von den Dächern: Das Bundesverfassungsgericht wird mit größter Wahrscheinlichkeit in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 die Abschaffung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs von beruflich bedingen Fahrtkosten kassieren und damit einem weiteren Reformwerk der Bundesregierung den Stempel der Verfassungswidrigkeit aufdrücken. Denn schon die höchsten deutschen Steuerrichter beim Bundesfinanzhof haben der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben, dass Fahrtkosten generell bei der Einkommensteuer als Abzugsposten zu berücksichtigen sind (BFH, Beschluss vom 23.8.2007 - VI B 42/07).

Um eine weitere Klatsche aus Karlsruhe zu vermeiden, haben die Politiker sich jetzt ein Ablenkungsmanöver ausgedacht und stricken fleißig am Plan B, nämlich der Wiedereinführung der Pendlerpauschale, aber ohne finanzielle Auswirkungen zugunsten der Berufspendler. Der Trick der Regierungskoalition: Man will den Berufspendlern zwar grundsätzlich einen Fahrtkostenabzug ab dem ersten Entfernungskilometer gewähren, halbiert diese abzugsfähigen Kosten jedoch auf 15 oder 20 Cent pro Kilometer. So behält der Staat die Steuermilliarden und die Einkommens- und Kaufkraftverluste der Bürger werden nur anders verteilt.

Die deutsche Außenkanzlerin will nur im Inland sparen

Wie passt das eigentlich zusammen: Halbierte Pendlerpauschale bei drastisch gestiegenen Fahrtkosten? Allein im letzten Jahr sind die Kraftstoffpreise in Deutschland nach Aussage des Statistischen Bundesamtes um 8,9 Prozent gestiegen und der Steuer- und Abgabenanteil bei Benzin liegt inzwischen bei fast 90 Cent pro Liter (einschließlich der so genannten Ökosteuer von 15 Cent pro Liter). Insbesondere wegen der noch zusätzlich durch die Mehrwertsteuererhöhung gestiegenen Kraftstoffpreise fordert der Präsident des Bundes der Steuerzahler Karl-Hein Däke statt einer Senkung der Pendlerpauschale daher eine deutliche Erhöhung, und zwar auf mindestens 35 Cent pro Kilometer ab dem ersten Entfernungskilometer.

Den von der Bundesregierung bei der Pendlerpauschale (und bei vielen anderen steuerlichen und sozialrechtlichen Verschlechterungen) gezeigten konsequenten Sparwillen würden sich die Deutschen stattdessen an anderer Stelle wünschen, z.B. bei den Kosten für die Bundeswehreinsätze im Ausland. Als jedoch soeben vom Bundestag das Afghanistan-Mandat verlängert wurde, da war im Parlament mit keinem Wort von den Arbeitsplätzen die Rede, die man stattdessen mit den Milliardenbeträgen im Inland hätte sichern oder neu schaffen können. Das mangelnde Interesse der Bundeskanzlerin für die innerdeutschen Belange ist nicht nur der urbs-media Redaktion ein Dorn im Auge. Inzwischen wird Angela Merkel deswegen auch von der deutschen Presse spöttisch als "Außenkanzlerin" tituliert (z.B. Westdeutsche Zeitung vom 31.10.2007).

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