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Am 18. September 2005 haben die Deutschen nur die Wahl zwischen Pest und Cholera


urbs-media, 4.9.2005: Wer derzeit die Berichterstattung über die Bundestagswahl am 18. September verfolgt, der gewinnt leicht den Eindruck, als stünden nur vier Parteien zur Wahl. Denn in den Talk-Shows des öffentlichen Fernsehens tummeln sich regelmäßig die altbekannten Politikergesichter von SPD, CDU/CSU, FDP und den Grünen. Wenn der Zuschauer dann Glück hat, kommt hin und wieder kurz auch mal ein Vertreter der neuen Linkspartei zu Wort.

Alles so schön bunt hier

Dabei ist die deutsche Parteienlandschaft weitaus bunter, als dies nach der Berichterstattung der Medien erscheint. Spannend wird das Fernsehprogramm seit letzter Woche erst dann, wenn sich die kleinen Parteien vorstellen, z.B. die Bibeltreuen Christen, die Grauen, die Partei für Volksabstimmung und gegen Zuwanderung ins soziale Netz, die Deutsche Zentrumspartei, die Rechtsstaatliche Offensive, die Initiative pro DM oder die Anarchistische Pogo-Partei.

Auch für Liebhaber des Polit-Theaters gibt es mit der von der Titanic-Redaktion gegründeten Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative jetzt eine politische Heimat. Insgesamt treten 34 Parteien zur Bundestagswahl 2005 an, viele davon jedoch nur regional beschränkt, wie die Bayernpartei oder die Wählerinitiative 50Plus für Brandenburg.

(K)eine Überraschung am Wahlabend

Wenn am Wahlabend die Stimmen ausgezählt sind, wird es keine großen Überraschungen geben: CDU und CSU bilden zusammen die stärkste Fraktion, gefolgt von den Sozialdemokraten. Ein wenig spannend könnte allenfalls der Kampf um den dritten Platz werden. Hier erwarten wir in enges Rennen zwischen den Grünen und der neuen Linkspartei; für die FDP bleibt wohl nur der fünfte Platz.

Wie sich dann aber die Regierungsbildung gestaltet, das ist derzeit noch weitgehend offen. Reicht es für "Schwarz-Gelb" oder gelingt es der Linkspartei, eine eigene Mehrheit für die Kanzlerkandidatin Merkel zu verhindern? Und wenn ja, kommt dann eine große Koalition mit der SPD als Juniorpartner und Müntefering als Vizekanzler oder wird es eine Minderheitsregierung aus CDU, CSU und FDP geben? Sicher scheint derzeit nur, dass die Linkspartei nicht an einer Regierung beteiligt wird, wie das Endergebnis der Bundestagswahl auch immer ausfallen wird.

Die Große Koalition gibt es schon seit Jahren

Die Wahlkämpfer aus dem Unionslager reden seit Wochen von einem so genannten Politikwechsel, den unser Land angeblich braucht. Dabei scheinen die Protagonisten von CDU und CSU vergessen zu haben, dass sie über den Bundesrat die Politik in Deutschland seit der letzten Bundestagswahl entscheidend mitgeprägt haben. Die Hartz-Gesetze, die Gesundheitsreform, die Rentenkürzungen, alle diese Regelungen haben CDU und CSU über den Bundesrat entscheidend mit geprägt und teilweise sogar noch verschärft.

Auch bei der Außenpolitik, den Kriegseinsätzen der Bundeswehr im Ausland und der Europapolitik gibt es mit Ausnahme der Türkei-Frage keine großen Unterschiede zwischen Regierung und Opposition. Wer als Wähler wirklich einen Politikwechsel will, der darf sein Kreuz am 18. September daher nicht bei einer der beiden großen Parteien machen, sondern muss sich den kleineren Parteien zuwenden.

Der Teufel scheißt nur auf einen großen Haufen

Wer sich nicht selbst aktiv bemüht, der erhält über die kleineren Parteien und deren Wahlprogramm keinerlei Informationen. Welche Parteien auf dem Wahlzettel wirklich aufgeführt sind, erfährt der Bürger häufig erst beim Besuch im Wahllokal. Die Ursache hierfür sind die abendlichen Plauderrunden bei Christiansen, Illner und Maischberger, bei denen die immer gleichen Teilnehmer praktisch ein Abo auf ihre angestammten Sitzplätze haben. Kein Wunder, dass kleine Parteien in Deutschland nur dann eine Chance auf Einzug in den Bundestag haben, wenn sie an ihrer Spitze mindestens einen Prominenten aufweisen können, wie derzeit die Linkspartei.

Das Kartell der Verschweiger von echten politischen Alternativen handelt dabei eindeutig nach dem Grundsatz: "Der Teufel scheißt nur auf einen großen Haufen". Außerdem ist es für die im Bundestag vertretenen Parteien ja auch viel angenehmer, wenn man unter sich bleibt. Um diesen Alleinvertretungsanspruch medienwirksam abzusichern, droht man dann gerne mit den viel beschworenen "Weimarer Verhältnissen".

Das publizistische Dauerfeuer der Initiative "Neue soziale Marktwirtschaft"

Diesem Zweck - die politischen Verhältnisse in Deutschland zu zementieren - dient auch die Initiative "Neue soziale Marktwirtschaft". Hierbei handelt es sich um eine Erfindung der Werbeagentur Scholz & Friends. Die "Neue soziale Marktwirtschaft" wurde allein mit dem Ziel gegründet, in Deutschland den Boden für eine Politik der Restauration vorzubereiten. Ihr großer politischer Einfluss beruht dabei darauf, dass deren Mitglieder über eine ungeheure Medienmacht verfügen und sogar unmittelbaren Einfluss darauf haben, wer z.B. bei Christiansen usw. auftreten darf und wer nicht.

Wer und was tatsächlich hinter der Initiative steckt, hat die Hans Böckler Stiftung in einer Studie vom August 2004 beleuchtet. Im Jahre 2000 gegründet und jährlich mit 10 Mio. Euro vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanziert, geht es bei der "Neuen sozialen Marktwirtschaft" ausschließlich darum, auch in Deutschland eine Wirtschaftspolitik nach dem Vorbild von Ronald Reagan und Margaret Thatcher einzuführen.

Künstliche Gegensätze aufbauen, um von den wirklichen Problemen abzulenken

Wir haben hier an dieser Stelle schon mehrfach beklagt, dass die Politik in Deutschland Dinge miteinander verbindet, die im wahren Leben wirklich nichts miteinander zu tun haben. Tabaksteuer für die Aufrüstung der Bundeswehr, Ökosteuer für die Rentenkassen und jetzt Mehrwertsteuer für die Bundesagentur für Arbeit. Dabei gibt es Einsparpotentiale in zweistelliger Milliardenhöhe in Bereichen, die die Bundesbürger praktisch nicht berühren.

Wenn die Bundeswehr aufhört, sich weltweit in Dinge einzumischen, die uns nun wirklich nichts angehen (Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt), können wir Milliarden an Steuergeldern einsparen und z.B. in neue Arbeitsplätze investieren. Hier besteht in der Tat ein echter Gegensatz, nämlich Auslandseinsätze der Bundeswehr und Zahlungen an internationale Organisationen oder Arbeitsplätze in Deutschland. Nur dieses Thema wird in den deutschen Medien nicht einmal ansatzweise diskutiert.

Den Protest laut hinausschreien

Was wir in Deutschland brauchen, ist eine Entmachtung der etablierten Parteien und der sie repräsentierenden Politiker. Der Begriff "Volksvertreter" für unsere Abgeordneten ist der reine Hohn! Die Politik muss wieder zurück in die Hände der Bürgerinnen und Bürger gelegt werden, in Form von Volksabstimmungen auf allen Ebenen. Nur dann ist gewährleistet, dass die politische Kaste in Deutschland sich nicht andauernd von allen Belastungen ausnimmt und ein Leben im Elfenbeinturm führt.

Eine konkrete Wahlempfehlung kann und soll es hier von uns nicht geben. Und auch eine Wahlenthaltung ist kein wirkliches politisches Signal. Eines ist aber klar: Die selbsternannten Volksparteien haben in den vergangenen 20 Jahren kläglich versagt. So betrachtet können es die in der Statistik des Bundeswahlleiters als "Sonstige" bezeichneten Parteien im Vergleich zu CDU/CSU und SPD nun wirklich nicht schlechter machen. Der Einzug zahlreicher kleiner Parteien in den Bundestag wäre für die etablierten Parteien ein heilsamer Schock und ein wichtiges Zeichen für eine funktionierende Demokratie. Dies bleibt angesichts der medialen Übermacht der etablierten Parteien und dem publizistischen Netzwerk der "Neuen sozialen Marktwirtschaft" aber vermutlich nur ein schöner Traum. Die meisten Wähler werden sich daher für das ihrer Meinung nach kleinere Übel entscheiden, anstelle Pest und Cholera die rote Karte zu zeigen.

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