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Die Krise in der EU bietet die einmalige Chance für einen grundlegenden Neuanfang


urbs-media, 4.7.2005: Als zuerst die Franzosen und dann die Niederländer in Volksabstimmungen der EU-Verfassung mit großer Mehrheit die rote Karte gezeigt hatten, herrschte bei den Politikern Heulen und Zähneknirschen. "Da haben die Wähler offensichtlich wieder einmal nicht verstanden, worum es wirklich geht", so der überwiegende Tenor aus Berlin, Luxemburg, Brüssel usw. Dabei hätten auch die Deutschen vermutlich mehrheitlich gegen die EU-Verfassung gestimmt, wenn sie nur gedurft hätten. Und das nicht, weil diese EU-Verfassung so grottenschlecht ist, sondern weil die Ablehnung der Verfassung die einzige Möglichkeit wäre, den Unmut gegen die EU-Osterweiterung und die noch anstehenden weiteren Beitritte (z.B. Türkei, Rumänien, Bulgarien) auszudrücken. Hier ist von den Wählern in Frankreich und in den Niederlanden zwar der Sack (die Verfassung) geschlagen worden, gemeint war jedoch eindeutig der Esel (die EU und ihre Institutionen in der gegenwärtigen Form).

Europa in der gegenwärtigen Form ist nicht mehr finanzierbar

Gegenwärtig beträgt der EU-Haushalt pro Jahr etwa 100 Mrd. Euro. Davon zahlen die Deutschen mit 21 Mrd. Euro fast ein Viertel. Unter Berücksichtigung von Zahlungsrückflüssen aus Brüssel bleibt für Deutschland ein jährlicher Nettobetrag von 7,65 Mrd. Euro als Finanzierungssaldo. Damit ist Deutschland mit Abstand der größte Nettozahler in der EU; es folgen Großbritannien mit 2,76 Mrd. Euro, die Niederlande mit 1,95 Mrd. Euro und Frankreich mit 1,91 Mrd. Euro. Pro Kopf zahlt jeder Deutsche 113 Euro in die EU-Kasse, jeder Niederländer sogar 202 Euro. Der jährliche Zahlbetrag für die Engländer liegt dagegen nur bei 69 Euro und die Franzosen werden pro Jahr für Europa sogar nur mit 32 Euro zur Kasse gebeten.

Besonders erschreckend ist, wenn man betrachtet, wofür die Milliarden verwendet werden. Hier stellt die Position Agrarsubventionen mit 40 Prozent den größten Ausgabenposten dar. Mit anderen Worten: Es werden pro Jahr 40 Mrd. Euro für die Landwirtschaft ausgegeben, obwohl insgesamt in der EU in diesem Wirtschaftszweig gerade einmal 5 Prozent der Beschäftigten tätig sind. Der britische Europaminister Douglas Alexander fragte angesichts dieser Summen: "Ist es richtig, dass wir jede europäische Kuh pro Tag mit zwei Euro subventionieren?"

Wohin fließen die EU-Milliarden?

Gegenwärtig profitiert Spanien am stärksten von den Brüssler EU-Milliarden: Jährlich fließen 7,07 Mrd. Euro nach Madrid. Dies sind umgerechnet 174 Euro pro Kopf der spanischen Bevölkerung. Auch für Portugal (2,51 Mrd. Euro) und für Griechenland (3,8 Mrd. Euro) lohnt sich die EU-Mitgliedschaft durchaus. Pro Kopf der Bevölkerung ist jedoch Luxemburg der größte Netto-Empfänger in der EU, denn dort erhält jeder Bürger statistisch betrachtet pro Jahr 1.664 Euro aus Brüssel.

Mit der EU-Osterweiterung kommt dieses Zahlengefüge jetzt erheblich ins Rutschen. Denn allein für Polen sieht der neue EU-Haushaltsentwurf für die Jahre 2007 bis 2013 Subventionen aus Brüssel in Höhe von insgesamt etwa 60 Mrd. Euro vor. Kein Wunder, dass die Gesamtsumme des EU-Etats 2007 bis 2013 nach den Vorstellungen der EU-Kommission auf 1.000 Mrd. Euro erhöht werden soll. Und sollte es zu einem EU-Beitritt der Türkei kommen, dürfte dies den Finanzrahmen vollständig sprengen. Allein auf Deutschland kämen dann zusätzliche jährliche Belastungen von mehreren Mrd. Euro zu.

Deutsche Nettozahlungen schaden der inländischen Konjunktur doppelt

Die jährlich über 7,5 Mrd. Euro, mit denen sich der EU-Haushalt aus Deutschland finanziert, haben einen gleich doppelten Negativeffekt. Zunächst fehlt das Geld hier in der Wirtschaft, was sich insbesondere an der schwachen Binnennachfrage zeigt. Mit der EU-Osterweiterung kommt jetzt jedoch ein zweiter Negativeffekt hinzu: Durch die laufenden Unterstützungszahlungen können die neuen EU-Länder ihre Steuersätze niedrig halten und veranlassen mit diesem Steuervorteil und den niedrigen Lohnkosten zahlreiche Betriebe zur Produktionsverlagerung. Die dort mit Unterstützung der deutschen Steuerzahler günstig produzierten Waren treten dann hier in unmittelbare Konkurrenz mit einheimischen Erzeugnissen und vernichten in Deutschland erneut Arbeitsplätze.

In der Bundesrepublik hört man von der Politik nun immer wieder, der finanzielle Nutzen der EU übersteige für die deutsche Wirtschaft die Kosten bei weitem. Konkrete Zahlen, mit der diese pauschale Behauptung untermauert wird, gibt es hierzu aber nicht. Hier zeigt sich wieder einmal ein typisch deutsches Phänomen: Wenn es auf der Welt etwas zu bezahlen gibt, dann drängeln sich die Politiker aus Berlin (und früher aus Bonn) immer vor. In diesem Punkt gibt es parteiübergreifend eine echte Kontinuität, von Schmidt über Kohl zu Schröder und vermutlich auch zu Merkel: Wenn eine Einigung in Brüssel zu scheitern droht, hat das deutsche Scheckbuch bisher immer für Harmonie in der EU gesorgt.

Blair und Balkenende: Die Retter der europäischen Idee

Als auf Betreiben von Monnet und Schuman im Jahre 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet wurde, dachte niemand an ein "Groß-Europa". Auch die spätere EG war eine reine Wirtschaftsgemeinschaft zur Förderung des innereuropäischen Handels und zum Schutz vor ausländischen Billigimporten. Erst in den letzten 20 Jahren trat dann die politische Dimension von Europa in den Vordergrund, was sich insbesondere in der Zunahme der Mitgliedstaten auf nunmehr 25 zeigt. Denn wirtschaftlich betrachtet können die meisten der Neumitglieder nichts positives beisteuern, ganz im Gegenteil: Von den neuen EU-Mitgliedern haben nur Zypern und Malta tatsächlich die politische und wirtschaftliche Reife für eine EU-Vollmitgliedschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

Zurück zu den Wurzeln muss daher die Devise heißen, Schluss mit der ausufernden EU-Bürokratie. Und obwohl Blair und Balkenende von den deutschen Regierungspolitikern als Buhmänner dargestellt werden, die mit ihrer Forderung nach einer vollständigen Neuordnung der EU-Finanzen eine Einigung im Haushaltsstreit verhindert haben, auf europäischer Ebene gibt es für diese Haltung durchaus Zustimmung. So wird das britische Veto gegen den Haushaltsplan 2007 bis 2013 z.B. vom Vorsitzenden der deutschen Christdemokraten im EU-Parlament als "Anstoß für eine längst überfällige Diskussion über die Ausgabenstruktur der EU" angesehen.

Mehr Eigenverantwortung und weniger Bürokratie

Aus der Geschichte können wir lernen, dass Großreiche niemals auf Dauer Bestand hatten: Römer, Griechen, Mongolen, Türken usw., die alten Weltreiche sind alle untergegangen und nur noch für Historiker von Interesse. Ursache für den Untergang waren dabei neben äußeren Feinden insbesondere die unterschiedlichen nationalen Interessen in den Vielvölkerstaaten. Das vorläufig letzte Beispiel war der Zerfall der alten UDSSR.

Auf die EU übertragen heißt dies: Nur soviel Brüsseler Bürokratie wie unbedingt nötig, EU-Richtlinien nur als Rahmenvorschriften, die den Mitgliedstaaten Raum für nationale Besonderheiten lassen. Bei den Subventionen muss es einen radikalen Schnitt geben. Wer z.B. bestimmte Wirtschaftsbereiche unterstützen will, der soll dies aus der eigenen Kasse bezahlen. Allein durch die Abschaffung der Brüssler Landwirtschaftssubventionen würde sich der deutsche EU-Beitrag praktisch halbieren und notwendige Beihilfen könnten dann aus dem Bundeshaushalt bei den Landwirten unmittelbar vor Ort eingesetzt werden, ohne den bürokratischen Umweg über Brüssel. Der EU blieb dann nur die Aufgabe, Wettbewerbsverzerrungen innerhalb Europas zu verhindern. Schneller, besser und vor allem preiswerter wäre diese Lösung allemal. Und dann klappt es auch mit der Verfassung!

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