3. Sonderregelungen für selbstgenutzes Wohneigentum
Nach der bis zum Ende des Jahres 2008 geltenden Rechtslage wurde Immobilienvermögen im Regelfall nur mit ca. 60 Prozent des tatsächlichen Verkehrswertes bei der Erbschaftsteuer angesetzt. Seit 1.1.2009 gilt für Grundvermögen jetzt eine realitätsnahe Wertermittlung, und zwar entweder nach den Festlegungen von gemeindlichen Gutachterausschüssen oder aufgrund von Sachverständigengutachten.
Um Ehegatten und Kinder vor dem Verlust von selbstgenutzten Wohneigentum aufgrund der steuerlichen Abgaben im Erbfall zu bewahren, sieht das neue Erbschaftsteuerrecht bestimmte Steuerbefreiungen vor, wenn Immobilien nach dem Tod des Erblassers von dessen Ehegatten oder von Kindern genutzt werden. Diese Steuerbefreiung für selbstgenutztes Wohneigentum gilt zusätzlich zu den vorstehend unter Ziffer 1 genannten persönlichen Freibeträgen.
Unabhängig vom Wert der Immobilie sind Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser im Erbfall steuerfrei, wenn der Erblasser zuvor in dem Objekt gewohnt hat und die Immobilie in den folgenden 10 Jahren vom Erben selbst zu Wohnzwecken genutzt wird. Eine weitere Einschränkung gilt bei Kindern: Im Gegensatz zu den Ehegatten als Erben oder Beschenkten, bei denen die Größe der Wohnung oder des Hauses keine Rolle spielt, tritt bei Kindern die Steuerfreiheit der übernommenen elterlichen Wohnung nur dann ein, wenn die Wohnfläche 200 Quadratmeter nicht übersteigt. Außerdem gilt die Steuer-Befreiung bei Kindern nur im Erbfall und nicht wie bei Ehegatten auch bei Schenkungen.
urbs-media Praxistipp: Die Zehnjahresfrist für den neuen Wohneigentümer kann sich als arge Steuerfalle entpuppen. Zwar sieht das Gesetz vor, dass z.B. die Steuerfreiheit auch dann erhalten bleibt, wenn der Erbe innerhalb der laufenden Zehn-Jahres-Frist erheblich pflegebedürftig wird und deshalb die Wohnung oder das Haus vor Fristablauf verlassen muss. Die Steuerfalle schnappt aber gnadenlos zu, wenn z.B. der Wohnungserbe vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist aus berufsbedingten Gründen den Wohnort wechseln muss. Hier sollten die Betroffenen genau nachrechnen, bevor sie ihr Wohneigentum verkaufen oder vermieten. Eventuell ist es finanziell betrachtet deutlich besser, am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung zu beziehen und am bisherigen Wohnort den Hauptwohnsitz zu behalten.
Ob die Zehn-Jahres-Frist im Falle eines berufsbedingten Wohnungswechsels überhaupt mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist, scheint äußerst zweifelhaft. Denn das Bundesverfassungsgericht hat schon wiederholt entschieden, dass in derartigen Fällen die Arbeitnehmer nicht mit zusätzlichen Abgaben belastet werden dürfen, z.B. in Form einer Zweitwohnungssteuer. Deshalb erscheint es verfassungsrechtlich geboten, die Steuerfreiheit von ererbten Wohneigentum auch auf den Fall eines berufsbedingten Wohnortwechsels auszudehnen.
4. Sonderregelungen für Betriebsvermögen
Betriebsvermögen wurde bei der Erbschaftsteuer bisher mit dem so genannten Buchwert angesetzt. Seit 1.1.2009 ist beim Betriebsvermögen jetzt der Verkehrswert maßgeblich. Dies führt dazu, dass die Erben im Extremfall nunmehr eine im Vergleich zur bisherigen Regelung zehn mal höhere Erbschaftsteuer bezahlen müssen.
Allerdings wird dem Betriebserben die Steuer ganz oder teilweise erlassen, wenn er das Unternehmen mindestens sieben Jahre weiterführt und die Lohnsumme während dieser Zeit im wesentlichen unverändert bleibt. Konkret gibt es für Betriebsvermögen folgende Befreiungsmöglichkeiten von der Erbschaftsteuer:
- Wird der Betrieb mindestens sieben Jahre fortgeführt, bleiben 85 Prozent des Unternehmenswerts steuerfrei.
- Wird der Betrieb mindestens zehn Jahre fortgeführt, fällt für das Betriebsvermögen keine Erbschaftsteuer an.
Weitere Voraussetzung für die Erbschaftsteuerbefreiung für Betriebsvermögen ist, dass wärend der Frist von sieben bzw. zehn Jahren aus dem Unternehmen nicht mehr finanzielle Mittel entnommen werden als an betrieblichem Gewinn anfällt.
urbs-media Praxistipp: Auch beim Betriebsvermögen stellt sich die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Steuerbefreiung. Denn einmal werden Personengesellschaften und Einzelunternehmen gegenüber Kapitalgesellschaften benachteiligt. Zweifelhaft ist außerdem, ob es dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) entspricht, dass andere Vermögensarten (z.B. gewerblich genutztes Immobilienvermögen) steuerlich nicht privilegiert werden. Auch hier wird vermutlich erst das Bundesverfassungsgericht endgültig Klarheit schaffen, ob es bei der Erbschaftsteuer gutes (steuerfreies) Vermögen und schlechtes (steuerpflichtiges) Vermögen geben darf.
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