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Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Absetzbarkeit von BAföG-Schulden als vorweggenommene Werbungskosten


urbs-media, 24.9.2007: Wer sein Studium mit BAföG -Mitteln finanziert, der wird generell nur noch in Form eines 50-prozentigen Darlehens gefördert. Mit dem Studienende haben sich für die Universitätsabsolventen dann häufig Schulden in Höhe von 10.000 bis 15.000 Euro angehäuft, die vom ersten selbst verdienten Geld abgestottert werden müssen. Und wer jetzt neu ein Studium beginnt, den treffen durch die nun zu zahlenden Studiengebühren von durchschnittlich 500 Euro pro Semester künftig noch weit höhere Lasten.

Was viele Studenten jedoch nicht wissen: Die Kosten für eine Berufsausbildung können unter bestimmten Voraussetzungen als vorweggenommene Werbungskosten oder als vorweggenommene Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt werden. Dies gilt auch für die Kosten für ein Erststudium, wenn dieses mit dem später ausgeübten Beruf in Zusammenhang steht. Dies hatte zumindest der Bundesfinanzhof in mehreren Urteilen entschieden (BFH. Urteil vom 4.12.2002 - VI R 120/01 und Urteil vom 17.12.2002 - VI R 137/01).

Der Gesetzgeber reagierte auf diese steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung promt mit einer Änderung des Einkommensteuergesetzes und verfügte, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2004 die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule keine vorab entstandenen Werbungskosten oder Betriebsausgaben mehr darstellen, sondern allenfalls als Sonderausgaben bis zu einem Höchstbetrag von 4.000 Euro anerkannt werden können.

Damit hatte der Gesetzgeber für die Kosten einer Berufsausbildung im Prinzip die gleichen Verschlechterungen eingeführt, wie sie erst vor wenigen Tagen durch den Bundesfinanzhof in Bezug auf die Abschaffung des Werbungskostenabzugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz für verfassungswidrig erklärt wurden (Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.8.2007 - VI B 42/07). Insgesamt wäre es bei einer konsequenten Umsetzung der BFH-Urteile um eine Steuerersparnis in Höhe von ca. 1,5 Mrd. Euro pro Jahr für die Berufseinsteiger nach dem Abschluss ihres Studiums gegangen.

Wie auch bei der Pendlerpauschale haben auch gegen das Verbot des Webungskosten- oder Betriebsausgabenabzugs von Ausbildungskosten mehrere Steuerpflichtige den Rechtsweg beschritten und die entsprechenden Ablehnungsbescheide der Finanzämter angefochten. Gegenwärtig sind zur Frage der Abzugsfähigkeit von Studienkosten bereits drei Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig. Dort geht es gemeinsam darum, die Kosten für ein Erststudium einschließlich der aufgelaufenen BAföG-Schulden ohne betragsmäßige Beschränkung als vorweggenommene Werbungskosten oder vorweggenommene Betriebsausgaben nach dem Beginn der Berufstätigkeit von der Steuer absetzen zu können.

(Bundesfinanzhof, VI R 14/07, VI R 79/06 und VI R 41/05)

urbs-media Praxistipp: Ob der Bundesfinanzhof in den anhängigen Verfahren für den Werbungskosten- bzw. den Betriebsausgabenabzug bei Ausbildungskosten die gleiche eindeutige Linie wie bei den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vertreten wird, ist derzeit noch völlig offen. Jedenfalls lässt die Rechtsprechung des BFH zur Pendlerpauschale hoffen, dass auch hier der steuerzahlerfeindlichen Politik des Bundesfinanzministeriums erneut die rote Karte gezeigt wird.

Steuerexperten empfehlen den Studierenden daher, bereits jetzt rückwirkend bis zum Veranlagungszeitraum 2004 beim Finanzamt die Anerkennung ihrer Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten zu beantragen. Bis zum Ende des Jahres 2007 ist dies noch bis einschließlich der Ausgaben für 2004 möglich.

Konkret geht es um folgende Aufwendungen:

  • Kosten der Unterbringung am Studienort,
  • Fahrten zwischen Wohnung und Universität,
  • Kosten für Studienliteratur und sonstige Arbeitsmittel,
  • Studiengebühren,
  • Kosten für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes (z.B. Schreibtisch, Regale, Computer),
  • Verpflegungsmehraufwendungen.
Wenn die Finanzämter - wie nach den Anweisungen des Finanzministers nicht anders zu erwarten - die Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes ablehnt, sollte gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt und das Ruhen des Rechtsbehelfsverfahrens beantragt werden, bis die oben genannten Revisionsverfahren beim BFH entschieden sind.

Denn auch hier gilt wie sonst üblicherweise auch im Steuerrecht der Grundsatz: „Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt“. Mit anderen Worten, Nur diejenigen Steuerpflichtigen können von einer positiven Entscheidung des Bundesfinanzhofs (oder möglicherweise später des Bundesverfassungsgerichts) profitieren, die ihre Steuerfälle durch ein Rechtsmittel offen gehalten haben.

Insoweit bleibt es nämlich die große Ausnahme, wenn der Bundesfinanzminister wie bei der Pendlerpauschale die Steuerfestsetzung nur vorläufig vornimmt. Hintergrund für dieses Verhalten bei den Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz war jedoch nicht die Erkenntnis, durch die Abschaffung der Pendlerpauschale die Verfassung gebrochen zu haben, sondern schlichtweg die Angst vor über 20 Mio. Rechtsbehelfsverfahren, deren Bearbeitung die Finanzämter auf Jahre hinaus lahmgelegt hätte.



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