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Das Urteil des OLG Köln zur fortdauernden Werthaltigkeit von alten Telefonkarten hat auch Auswirkungen auf andere Guthabenkarten


urbs-media, 15.6.2009: Eine willkommene Einnahmequelle für Unternehmen sind Guthabenkarten und Gutscheine. Und für die herausgebenden Unternehmen ergibt sich hiermit oft sogar ein doppelter finanzieller Vorteil: Denn einmal leistet der Käufer Vorkasse, ohne dass das Unternehmen zeitgleich eine Gegenleistung erbringt. Wer daher z.B. eine Telefonkarte oder einen Gutschein erwirbt, der gibt dem ausstellenden Unternehmen einen zinslosen Kredit. Wenn dann noch wie es zuweilen vorkommt die Gegenleistung vom Erwerber gar nicht abgerufen wird (etwa weil er die Telefonkarte oder den Gutschein verloren hat), dann kann sich das Unternehmen gleich doppelt freuen.

Besonders ärgerlich ist es für den Karteninhaber, wenn das ausgebende Unternehmen bei Telefonkarten diese nach einer bestimmten Frist sperrt und auch eine Auszahlung des Restguthabens verweigert. Nur als hinterlistig kann man in diesem Zusammenhang das Verhalten der Deutschen Telekom bezeichnen. Die verweigert nämlich auch bei älteren Telefonkarten ohne eine aufgedruckte zeitliche Gültigkeitsbeschränkung eine Erstattung der Restguthaben.

Das Oberlandesgericht Köln hat jetzt entschieden, dass diese Weigerung rechtswidrig ist und die Telekom die Guthaben auch aus alten Telefonkarten der ersten Generation noch erstatten muss. Die Telekom kann sich nach diesem Urteil nicht auf Verjährung berufen, weil es sich um einen so genannten "verhaltenen Anspruch" handele. In diesem Fall beginne die 3-jährige Verjährungsfrist nämlich erst dann, wenn der Guthabeninhaber seinen Anspruch gegen den Schuldner geltend mache.

Mit dieser Begründung hat das OLG Köln der Klage einer Sammlerin von Telefonkarten gegen die Deutsche Telekom AG stattgegeben. Die Klägerin hatte vergeblich versucht, bei der Telekom 3.668 alte Telefonkarten mit einem Restguthaben von 17.633,43 Euro einzutauschen. Diese noch auf DM lautenden Karten stammten alle aus der Zeit bis Mitte 1998 und wiesen keine Beschränkung der Gültigkeit auf. Die Telekom hatte diese Karten wegen angeblicher Manipulationsmöglichkeiten zum 1.1.2002 für Telefoniezwecke gesperrt. Seit Herbst 2007 weigert sich die Telekom auch, diese Telefonkarten der ersten Generation umzutauschen bzw. den Restbetrag zu erstatten und beruft sich hierbei auf Verjährung. Mit ihrer Zahlungsklage hatte die Sammlerin jetzt vor dem OLG Köln in vollem Umfang Erfolg.

(OLG Köln, Urteil vom 3.6.2009 - 11 U 213/08)

Die rechtlichen Grundsätze des Urteils dürften über den entschiedenen Fall mit Telefonkarten auch für andere Gutscheine bzw. Guthabenkarten ohne aufgedruckte Gültigkeitsbeschränkung gelten. Zu denken ist hierbei z.B. an den Verfall von alten Fahrtausweisen (z.B. Viererkarten) im öffentlichen Personennahverkehr. Hier gibt es nach Fahrpreiserhöhungen im Regelfall nur eine kurze Umtauschfrist von zwei oder drei Monaten und dann verfällt das Restguthaben ersatzlos. Eine derartige für die Kunden ärgerliche Praxis dürfte nach den Erwägungen des OLG Köln jetzt eindeutig rechtswidrig sein.

Das Oberlandesgericht hat zwar eine Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen und die Telekom wird den Rechtsweg vermutlich bis zum Ende ausschöpfen. Wir geben einer Revision der Telekom jedoch wenig Erfolgschancen. Denn der BGH hat zwar kürzlich der Telekom das Recht auf nachträgliche Sperrung von eigentlich unbefristeten Karten ausdrücklich zugestanden, dabei aber gleichzeitig festgestellt, dass Restguthaben in diesen Fällen nicht ersatzlos verfallen dürfen (BGH, Urteil vom 24.1.2008 - III ZR 79/07).

Dies ist auch nur folgerichtig: Denn es widerspricht generell aus Verbrauchersicht dem Sinn von Guthabenkarten, dass die ausgebende Stelle nach Ablauf einer bestimmten Frist eine Erstattung des Restguthabens verweigern kann und somit den wirtschaftlichen Gegenwert ohne Gegenleistung vereinnahmen darf. Stellen wir uns einmal vor, eine Bank oder Sparkasse würde die Auszahlung von Sparbuchguthaben oder die Beschreibung von Zinsen mit der Begründung verweigern, der Kunde sei seit mehr als drei Jahren nicht mehr in der Filiale gewesen, das Sparguthaben sei deshalb zu Gunsten des Kreditinstituts ersatzlos verfallen. Eigentlich undenkbar, oder?

urbs-media Praxistipp: Insbesondere zur Weihnachtszeit, aber auch zu sonstigen Festtagen, bieten viele Einzelhändlern ihren Kunden den Erwerb von so genannten Geschenkgutscheinen an. Der Handel profitiert dabei offenbar von der in Deutschland verbreiteten Meinung, das Verschenken von Bargeld sei "stillos".

Wer sein gutes Bargeld gegen derartige Gutscheine eintauscht, sieht sich häufig mit einem den Gutscheininhaber äußerst benachteiligenden Regelwerk konfrontiert. So enthalten z.B. viele Gutscheine ein konkretes Verfallsdatum oder die Gültigkeit ist auf einen bestimmten Zeitraum nach der Ausstellung begrenzt. Dementsprechend hatte z.B. auch der Internethändler Amazon in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt, dass die Amazon-Geschenkgutscheine generell nur ein Jahr ab Ausstellungsdatum gültig sind und auch Restguthaben ab dem Verfallsdatum nicht mehr verwendet werden können.

Gegen diese Beschränkung der Gültigkeit hat die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vor dem Landgericht München I gegen Amazon eine Unterlassungsklage erhoben. Die Verbraucherschützer sahen in dieser kurzen Einlösungsfrist eine unzulässige Abweichung von den gesetzlichen Verjährungsfristen, wonach schuldrechtliche Ansprüche in Deutschland erst nach Ablauf von drei Jahren verjähren (§ 195 BGB). Dieser Argumentation haben sich die Richter am Landgericht München angeschlossen und entschieden, dass eine in den AGB enthaltene Verfallsfrist von nur einem Jahr für Geschenkgutscheine die Verbraucher entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die entsprechende Klausel war daher unwirksam (LG München I, Urteil vom 5.4.2007 - 12 O 22084/06)

Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob nun generell für alle Gutscheine eine Einlösungsfrist von drei Jahren gilt. Jedenfalls hat das Gericht klargestellt, dass eine nur auf ein Jahr beschränkte Geltungsdauer in AGB nicht wirksam festgelegt werden kann. Betrachtet man jedoch die bisherige Rechtsprechung des Landgerichts München, dann ist anzunehmen, dass das Gericht als Maßstab die regelmäßige gesetzliche Verjährungsfrist verstanden wissen will. Denn bereits im Jahr 1995 hatten die Münchener Richter entschieden, dass Geschenkgutscheine entsprechend der damaligen Rechtslage erst nach 30 Jahren verjähren (LG München I, Urteil vom 26.10.1995 - 7 O 2109/95). Wir gehen daher davon aus, dass sich die Gerichte nach der Verkürzung der allgemeinen Verjährungsfrist auf nur noch drei Jahre zum 1.1.2002 durch das so genannte Schuldrechtsreformgesetz weiterhin an der gesetzlichen Verjährungsfrist orientieren werden.

Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Bei einem Geschenkgutschein, den die Eltern z.B. ihrem Kind zum Geburtstag im März des Jahres 2007 bei einem Händler gekauft haben, beginnt die gesetzliche Verjährungsfrist somit am 31.12.2007 und endet am 31.12.2010. Eine kürzere Verfallsfrist in den AGB des Händlers wäre daher unwirksam.

Um den mit dem Verschenken von Gutscheinen verbundenen juristischen Problemen aus dem Weg zu gehen will, sollte man ausschließlich die "amtlichen Gutscheine der Europäischen Zentralbank" (EZB) verschenken, die in allen Ländern der Euro-Zone als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Derartige Gutscheine gibt es im Wert von 5 Euro, 10 Euro, 20 Euro, 50 Euro, 100 Euro, 200 Euro und 500 Euro.

Der Erwerb von Geschenkgutscheine lohnt sich daher eigentlich nur dann, wenn diese mit einem deutlichen Abschlag zum Nennwert an den Schenker verkauft werden. Derartige Abschläge gab es z.B. in der Vorweihnachtszeit, als bestimmte Geschäfte beim Erwerb von Geschenkgutscheinen einen Abschlag bis zu 20 Prozent auf den Nennwert eingeräumt hatten. Unter diesem Aspekt lohnt es sich dann gegebenenfalls auch, sich selbst einen Gutschein mit einem derartigen Rabatt auf den Nennwert zu schenken.



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