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Erfolgshonorare für Rechtsanwälte sind nur in Ausnahmefällen zulässig


urbs-media, 14.7.2008: Die Vergütung der Rechtsanwälte richtete sich bisher im wesentlichen nach dem Streitwert und wurde durch entsprechende gesetzliche Vorschriften (Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte - BRAGO bzw. Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) zwingend festgesetzt. Eine Ausnahme von dieser Regelung gilt seit Juli 2006 für außergerichtliche Beratungen durch Rechtsanwälte. Hier gibt es seither kein gesetzlicher Gebührenrahmen mehr und die Kosten einer derartigen Beratung müssen in einer Gebührenvereinbarung zwischen Anwalt und Mandant festgelegt werden. Gesetzliche Vorgaben zur Höhe einer derartigen Beratungsgebühr gibt es nur dann, wenn Auftraggeber des Anwalts ein Verbraucher im Sinne von § 13 BGB ist. In diesem Fall darf die Beratungsgebühr maximal 250 Euro bzw. 190 Euro für eine Erstberatung betragen.

Erfolgshonorare waren dagegen nach § 49b Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) bisher strikt verboten. Entsprechende Vereinbarungen zwischen Anwälten und Mandanten wurden von den Rechtsanwaltskammern daher mit Bußgeldern geahndet. Auf die Verfassungsbeschwerde eines Rechtsanwalts hin wurde dem Gesetzgeber dann mit Urteil vom Dezember 2006 vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben, bis spätestens 1.7.2008 eine gesetzliche Regelung zu erlassen, die es den Rechtsanwälten ermöglicht, in Einzelfällen mit dem Mandanten auch eine erfolgsabhängige Vergütung zu vereinbaren, wenn der Mandant ohne eine derartige Vergütungsabrede davon abgehalten würde, seine Rechte zu verfolgen.

Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber jetzt am letzten möglichen Termin durch das so genannte "Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren" vom 12.6.2008 (BGBl 2008 I S. 1000) nachgekommen. In einem neu in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügten § 4a RVG heißt es hierzu jetzt:

§ 4a (Erfolgshonorar)

(1) Ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung) darf nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. In einem gerichtlichen Verfahren darf dabei für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.

(2) Die Vereinbarung muss enthalten:

  1. die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, sowie

  2. die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll.
(3) In der Vereinbarung sind außerdem die wesentlichen Gründe anzugeben, die für die Bemessung des Erfolgshonorars bestimmend sind. Ferner ist ein Hinweis aufzunehmen, dass die Vereinbarung keinen Einfluss auf die gegebenenfalls vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten, Verwaltungskosten und die von ihm zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter hat.

Bei einer genauen Analyse des neuen Gesetzes ergibt sich somit, dass Erfolgshonorare für Rechtsanwälte in Deutschland weiterhin eine seltene Ausnahme bleiben werden. Denn Voraussetzung für den rechtsgültigen Abschluss einer derartigen erfolgsabhängigen Anwaltsvergütung ist, dass der Mandant ansonsten aufgrund seiner schlechten finanziellen Möglichkeiten keinen Prozess hätte führen können. In einer Pressemitteilung erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Rechtsanwalt Cord Brügmann, hierzu:"Nicht jeder Verbraucher kann ohne weiteres mit seinem Anwalt ein Erfolgshonorar aushandeln". Dies ist nur in Ausnahmefällen möglich, und zwar dann, wenn sie nicht arm genug sind, um Prozesskostenhilfe zu beantragen, aber auch nicht reich genug, um den konkreten Prozess zu bestreiten. Klare zahlenmäßige Grenzen gibt es dabei nicht. Ein Erfolgshonorar ist beispielsweise in Bauprozessen denkbar, bei denen es häufig um sehr hohe Streitwerte geht. Weitere denkbare Fälle sind eine Erbschaft, Ansprüche aus Produkthaftung oder eine hohe Schmerzensgeldforderung."

Da es mangels einer konkreten gesetzlichen Vorgabe an eindeutigen Kriterien für die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren fehlt (das Gesetz spricht nur pauschal von "wirtschaftlichen Verhältnissen" und einer "verständigen Betrachtung"), wird es künftig vermutlich gehäuft zu gerichtlichen Auseinandersetzungen darüber kommen, ob ein Erfolgshonorar im Einzelfall zulässig war oder nicht. Damit herrscht in diesem Punkt für die Anwälte und die Bürger in Deutschland weiter eine große Rechtsunsicherheit. Dies mag eine Ursache dafür sein, dass sich nach einer aktuellen Umfrage des DAV nur etwa 40 Prozent der befragten Anwälte vorstellen können, mit ihren Mandanten ein Erfolgshonorar zu vereinbaren.

urbs-media Praxistipp: Auch bei einem mit dem Anwalt vereinbarten Erfolgshonorar bleibt für die Mandanten ein erhebliches Kostenrisiko. Wenn sie den Prozess verlieren, müssen sie nämlich zwar ihren eigenen Anwalt nicht bezahlen, wohl aber die Gerichtskosten und die Kosten des gegnerischen Anwalts. Unter dem Strich reduziert ein Erfolgshonorar das Kostenrisiko daher nur um ca. 40 Prozent.

Unklar ist auch, wie hoch ein Erfolgshonorar im Einzelfall sein darf. Der Hauptgeschäftsführer des DAV rechnet damit, dass sich die Honorare bei 10 % bis 20 % des Klageerfolges einpendeln werden. In den USA hingegen belaufen sich die Erfolgshonorare im Regelfall auf 30 %bis 40 % der Klageforderung. Wo die Gerichte in Deutschland die Höchstgrenze ansetzen und höhere Prozentsätze als sittenwidrig verbieten werden, ist derzeit ebenfalls noch völlig offen. Die unklare gesetzliche Neuregelung hinsichtlich der Zulässigkeit von Erfolgshonoraren wird daher in vielfacher Hinsicht dazu führen, dass die Gerichte in Deutschland künftig nicht nur vermehrt Streitigkeiten um die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren, sondern zusätzlich auch über die angemessene Honorarhöhe entscheiden müssen.



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