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Das neue Gleichbehandlungsgesetz beschränkt auch die Vertragsfreiheit für private Vermieter von Wohn- und Gewerberäumen


urbs-media, 27.8.2007: Seit gut einem Jahr gilt in Deutschland nunmehr das so genannte "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" (AGG). Dieses Gesetz betrifft zwar in erster Linie das Arbeitsrecht und verbietet es den Unternehmen z.B., Stellenbewerber bei der Einstellung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, wegen einer Behinderung oder wegen des Alters sowie wegen der sexuellen Identität zu benachteiligen. Dieses gesetzliche Benachteiligungsverbot ist im Arbeitsrecht weitgehend bekannt und hat dazu geführt, dass Unternehmen bei personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellung oder Beförderung große Vorsicht walten lassen. Notfalls wird im Zweifelsfall daher lieber auf eine Neueinstellung verzichtet, als sich dem Risiko eines langjährigen Rechtsstreit mit abgelehnten Stellenbewerbern auszusetzen. Denn wenn aus einer bestimmten Serie von Bewerbungen überhaupt kein Arbeitnehmer eingestellt wird, dann fehlt es zwangsläufig an einer Benachteiligung und folglich kann auch niemand aus einer angeblich rechtswidrigen Ablehnung Schadensersatzansprüche herleiten.

Was vielen Bundesbürgern jedoch nicht so klar ist und in der Berichterstattung durch die Medien auch keine Rolle gespielt hat: Das von der Großen Koalition verabschiedete Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt nicht nur im Arbeitsrecht, sondern auch im allgemeinen Zivilrecht und hat daher auch gravierende Auswirkungen auf das Mietrecht. Zwar bestimmt hier § 19 Abs. 5 AGG, dass die volle Wucht des Gleichbehandlungsgesetzes nur diejenigen Vermieter trifft, die mehr als 50 Wohnungen vermieten. Dies bedeutet jedoch entgegen einer in der Öffentlichkeit weit verbreiteten Auffassung nicht, dass bis zu einem Wohnungsbestand von 50 Einheiten weiterhin die uneingeschränkte Vertragsfreiheit gilt.

Denn auch wer nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet, der muss sich an wichtige Kriterien des Gleichbehandlungsgesetzes handeln. Folglich sind die Vermieter auch bei einem vergleichsweise geringen Wohnungsbestand verpflichtet, keine Wohnungsbewerber wegen ihrer Rasse oder ihrer ethnischen Herkunft zu benachteiligen. Die zusätzlichen Diskriminierungsverbote (Alter, Geschlecht, Religion, Behinderung und sexuelle Identität) gelten dagegen nur dann, wenn ein Vermieter mehr als 50 Wohnungen vermietet.

Das Gleichbehandlungsgesetz kann für Vermieter daher eine böse Falle darstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich auch Ausländer um eine freie Wohnung bewerben und der Wohnungsinhaber einen inländischen Mieter bevorzugt. Denn wenn der angeblich aus rassistischen Motiven abgelehnte Ausländer innerhalb von einer Frist von 2 Monaten Klage erhebt, ist der Wohnungsvermieter unter Umständen vor Gericht in arger Beweisnot. Hier reicht es aus, wenn der abgelehnte Wohnungsbewerber seine Ausländereigenschaft oder seine ausländische Herkunft darlegt, dann muss der Vermieter beweisen, dass andere Gründe dafür ausschlaggebend waren, die Wohnung anderweitig zu vermieten.

urbs-media Praxistipp: Bei der Bewerberauswahl sollten sich die Vermieter die wichtigsten sozialen Daten der Wohnungsbewerber (z.B. Haushaltsgröße, Einkommen, Arbeitgeber, Schulden usw.) in einer Selbstauskunft schriftlich bestätigen lassen. Nützlich ist es auch, die Vorlage einer so genannten "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" des Vorvermieters zu verlangen. Um jeden Anschein einer Diskriminierung zu vermeiden, sollten gegenüber Wohnungsbewerbern generell keinerlei Angaben über mögliche Ablehnungsgründe gemacht werden. Empfehlenswert ist es hier, auch denjenigen Mietinteressenten, an die man auf keinen Fall (aus welchen Gründen auch immer) vermieten will, lediglich folgende Angabe zu machen: "Sollten wir uns für Sie entscheiden, erhalten Sie in den nächsten Tagen eine Mitteilung!" Vorsorglich sollten die Wohnungseigentümer (oder Wohnungsverwalter) die Mieterauswahl zusätzlich schriftlich dokumentieren, um im Streitfall dem Gericht nachweisen zu können, dass keine unzulässige Diskriminierung vorliegt. Und besonders wichtig: Begründen sie als Vermieter auf keinen Fall gegenüber dem Wohnungsbewerbern (auch nicht auf ausdrückliche Nachfrage) die Ablehnung von Mietinteressenten!

Einen vergleichsweise weiten Entscheidungsspielraum bei der Wohnungsvergabe haben diejenigen Vermieter, die auf dem selben Grundstück wie die Mieter wohnen. In diesem Fall schützt das Gesetz die Privatsphären des Vermieters und seiner Angehörigen verstärkt und verzichtet darauf, Vorgaben zugunsten bestimmter Personengruppen bei der Wohnungsvergabe zu machen (§ 19 Abs. 5 Satz 2 AGG). Mit anderen Worten: Hier darf jeder ohne Einmischung des Gesetzgebers selbst bestimmen, mit wem er auf dem Grundstück zusammenleben will.

Das Diskriminierungsverbot im Mietrecht gilt schließlich nur dann, wenn Wohnungen in der Öffentlichkeit (z.B. durch eine Zeitungsanzeige, im Internet oder durch einen öffentlichen Aushang) angeboten werden. Wer daher im privaten Kreis (z.B. bei einem Vereinsfest) eine Wohnung anbietet, der muss auch sich nicht an die Vorschriften des Gleichbehandlungsgesetzes halten.



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