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Händler dürfen die Unfallfreiheit von Gebrauchtwagen nicht ohne fachmännische Untersuchung zusichern


urbs-media, 21.8.2006: Die Unfallfreiheit von Gebrauchtwagen ist für den Käufer im Regelfall ein wichtiges Kriterium für seine Kaufentscheidung. Deshalb werden im Gebrauchtwagenhandel praktisch alle Fahrzeuge als unfallfrei angeboten, wobei diese Aussage im Kaufvertrag häufig mit der Klausel "nach Angaben des Vorbesitzers" relativiert wird.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass sich gewerbliche Gebrauchtwagenhändler bei der Zusicherung der Unfallfreiheit nicht hinter den ungeprüften Aussagen des Vorbesitzers verschanzen dürfen. Wird ein Händler nach der Unfallfreiheit eines Fahrzeugs gefragt und will er diese aufgrund der Angaben des Vorbesitzers bejahen, dann muss er den Käufer ausdrücklich auf seinen begrenzten Kenntnisstand hinweisen und darf nicht ohne eigene fachkundige Überprüfung das Fehlen von Unfallschäden "ins Blaue hinein" bestätigen.

Entgegen der Aussage in der Presse ist die BGH-Entscheidung vom Juni 2006 keine grundlegende Verbesserung der Rechtsstellung beim Gebrauchtwagenkauf. Ein Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt nämlich weiterhin voraus, dass der Verkäufer den Käufer über die Unfallfreiheit arglistig getäuscht hat. Hierfür ist der Käufer beweispflichtig; er muss also vor Gericht darlegen und notfalls durch Zeugen oder Urkunden beweisen, dass ihm der Verkäufer die Unfallfreiheit des Fahrzeugs zugesichert hat.

Im Urteilsfall bestand die Besonderheit, dass das Fahrzeug in einem Zweigbetrieb der beklagten Mercedes-Niederlassung nach einem Unfall repariert worden war. Auch wenn der Kläger dem Verkäufer persönlich keine Kenntnis von dem Unfallschaden nachweisen konnte, hätte er jedoch durch einen Blick in die firmeninterne Dokumentation leicht die Vorgeschichte des Fahrzeugs in Erfahrung bringen können. Unter diesen Umständen ist es den BGH-Richtern natürlich leicht gefallen, die mündliche Zusicherung der Unfallfreiheit als unzulässige "Behauptung ins Blaue" zu bewerten.

(BGH, Urteil vom 7.6.2006 - VIII ZR 209/05)

urbs-media Praxistipp: Wer von seinem Verkäufer eine uneingeschränkte Garantie für die Unfallfreiheit beim Gebrauchtwagenkauf haben will, der sollte daher auf einen entsprechenden vorbehaltlosen Passus im Kaufvertrag bestehen. Wenn Händler lediglich die schriftliche Formulierung "Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden laut Vorbesitzer : KEINE" verwenden, dann ist diese Aussage häufig völlig wertlos.

Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer dem Kunden zunächst mündlich die Unfallfreiheit ohne die Einschränkung zusichert. Zwar gibt der Bundesgerichtshof einer derartigen uneingeschränkten Zusicherung den Vorrang vor einer späteren Einschränkung im Kaufvertrag; das Problem bleibt jedoch, wie der Käufer diese weitergehende mündliche Zusage beweisen soll. Im Urteilsfall hatte der Verkäufer diese Garantie telefonisch abgegeben, der Käufer hatte jedoch zwei Zeugen heimlich mithören lassen. Deren Zeugenaussage war eigentlich unverwertbar. Weil das beklagte Autohaus diesen Verfahrensfehler jedoch nicht sofort gerügt hatte, konnte der BGH die Aussage der Zeugen verwerten. Ansonsten wäre der getäuschte Autokäufer vor dem Bundesgerichtshof mit seiner Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vermutlich gescheitert.

Der Fall zeigt daher eindringlich, dass nicht jedes positive Urteil des Bundesgerichtshofs sogleich wie von der Presse behauptet zu einer "Verbesserung der Rechtsstellung der Verbraucher" führt, sondern in erster Linie eine Einzelfallentscheidung ist. Und wenn ein Kfz-Käufer eine entsprechende uneingeschränkte Zusicherung der Unfallfreiheit nicht mit prozessrechtlich zulässigen Beweismitteln nachweisen kann, dann wird seine Klage trotz der der angeblich so verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof schlichtweg abgewiesen. Daher gilt für Aussagen von Gebrauchtwagenverkäufern weiterhin die Regel: "Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen"!



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