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Der Bundesgerichtshof verdoppelt den zulässigen Betrag für Anzahlungen bei Pauschalreisen


urbs-media, 11.9.2006: Nach der bis zum 1.9.2001 geltenden Rechtslage war es den Reiseveranstaltern ausdrücklich verboten, bei Pauschalreisen eine höhere Anzahlung als 10 Prozent des Reisepreises zu fordern. Der absolute Höchstbetrag für Anzahlungen lag dabei nach § 651 k Abs. 4 BGB bei 500 DM. Einen höheren Betrag durften die Reiseveranstalter vor Beginn der Reiser nur dann einfordern oder annehmen, wenn sie dem Reisenden einen Sicherungsschein für den Fall der Insolvenz übergeben hatten.

Durch das weites Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften vom 23. Juli 2001 wurde dann die Höchstgrenze für Anzahlungen aus dem Gesetzestext gestrichen und allgemein festgelegt, dass Reiseveranstalter und Reisevermittler Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen dürfen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde.

Nach dieser Gesetzesänderung stiegen die von den Reiseveranstaltern in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen geforderten Anzahlungen sprunghaft an und es pendelte sich bald eine Anzahlung in Höhe von 20 Prozent als branchenüblich ein. Gegen diese Praxis erhoben die Verbraucherverbände Klage vor dem Landgericht Köln, die jedoch abgewiesen wurde (Urteil vom 1.12.2004 - 26 O 438/04). Auch die Berufung zum OLG Köln hatte keinen Erfolg (Urteil vom 11.4.2005 - 16 U 12/05).

Jetzt hat auch der Bundesgerichtshof die Klage auf Untersagung einer 10 Prozent übersteigenden Anzahlung zurückgewiesen und entschieden, dass zumindest eine Anzahlung in Höhe von 20 Prozent des Reisepreises noch zulässig ist. Hierbei ist dem Kunden späterstens zusammen mit der Anzahlung der Sicherungsschein zu übergeben. Der BGH begründet diese radikale Änderung hinsichtlich der zulässigen Anzahlung damit, die Kunden seien nunmehr durch den Sicherungsschein umfassend davor geschützt, im Falle der Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters einen finanziellen Schaden zu erleiden. Andererseits hätten die Reiseveranstalter ein legitimes Interesse an einer Angemessenen Anzahlung, da sie im Regelfall gegenüber ihren Leistungserbringern in Vorkasse treten müssten. Unter diesen Umständen verstoße eine Anzahlung in Höhe von 20 Prozent des Reisepreises nicht gegen geltendes Recht.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.6.2006 - X ZR 59/05)

urbs-media Praxistipp: Das Urteil des Bundesgerichtshofs wird der Praxis im Umgang mit den Sicherungsscheinen in Deutschland nicht gerecht. Den nach einer Umfrage der Verbraucherzentralen Brandenburg und Sachsen unter mehr als 250 Reiseveranstaltern übergeben nur etwa 80 Prozent der Reisebüros den Sicherungsschein so wie vom Gesetz vorgeschrieben spätestens Zug um Zug gegen Erhalt der Anzahlung. Da lediglich 64 der insgesamt angeschriebenen 252 Reiseveranstalter überhaupt auf den Fragebogen reagiert hatten, gehen die Verbraucherschützer davon aus, dass ein beträchtlicher Teil der Anbieter von Pauschalreisen den Kunden überhaupt keinen Sicherungsschein ausstellt.

Hinzu kommt, dass auch immer wieder Sicherungsscheine auftauchen, die gefälscht sind oder nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und damit im Insolvenzfall wertlos sind. Nach § 9 der BGB-Informationsverordnung muss ein Sicherungsschein folgende Angaben enthalten:

  • den Name und die Adresse des Versicherers bzw. des Kreditinstituts,
  • die Angabe des Versicherungsfalls (Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz),
  • die Geltungsdauer des Versicherungsschutzes und
  • die Bezeichnung der Insolvenzschäden, deren Erstattung verlangt werden kann.
Die Reisenden sollten dabei unbedingt darauf achten, dass ihnen das Original ausgehändigt wird. Dieses Original sollte dann mit in den Urlaub genommen werden; eine Kopie bleibt zur Sicherheit zu Hause bei den Akten.



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