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Die Beschränkung des Betreuungsunterhalts auf drei Jahre für ledige Elternteile ist verfassungswidrig


urbs-media, 11.6.2007: Für die Dauer und die Höhe des Unterhaltsanspruchs von Kindern ist es nach dem deutschen Unterhaltsrecht unerheblich, ob ein Kind ehelich oder nichtehelich ist. Entscheidend sind allein das Alter des Kindes und die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen. Anders sieht die geltende Rechtslage jedoch beim so genannten Betreuungsunterhalt aus. Hier gibt es hinsichtlich der Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt deutliche Unterschiede zwischen geschiedenen Elternteilen und solchen Elternteilen, die ein nichteheliches Kind betreuen:

  • Nach § 1570 BGB kann ein geschiedener Elternteil von dem früheren Ehegatten Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Übereinstimmend geht die Rechtsprechung davon aus, dass bis zum Alter eines Kindes von acht Jahren beziehungsweise bis zum Ende seiner Grundschulzeit für den betreuenden Elternteil keine Erwerbsobliegenheit besteht.

  • Demgegenüber ist der in § 1615 l BGB normierte Anspruch eines Elternteils, der ein nichteheliches Kind betreut und deshalb einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, deutlich schwächer ausgestaltet. Die Verpflichtung des anderen Elternteils zur Gewährung von Unterhalt an den betreuenden Elternteil endet gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB im Regelfall spätestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes.
Diese unterschiedliche Regelung der Dauer des Unterhaltsanspruchs eines kinderbetreuenden Elternteils ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Sie verstößt gegen das in Art. 6 Abs. 5 GG an den Gesetzgeber gerichtete Gebot, nichtehelichen Kindern gleiche Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung zu schaffen wie ehelichen Kindern.

(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28.2.2007 - 1 BvL 9/04)

urbs-media Praxistipp: Das Urteil des Bundesverfassungsgericht hat jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen auf laufende Unterhaltsfälle. Denn das Gericht lässt es nämlich ausdrücklich zu, dass die verfassungswidrige Benachteiligung von Eltern nichtehelicher Kinder noch bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin beibehalten werden darf. Für eine dem Grundgesetz entsprechende Neuregelung darf sich der Gesetzgeber sogar bis zum 31.12.2008 Zeit lassen.

Wie eine dem Grundgesetz entsprechende Neuregelung letztendlich aussehen wird, ist derzeit noch völlig offen. Denn die von der Großen Koalition verabredete Neuregelung des Unterhaltsrechts musste von der Regierung zurückgezogen werden, weil auch dieser Gesetzentwurf die Unterhaltsansprüche für Eltern nichtehelicher Kinder im Vergleich zu geschiedenen Eltern weiterhin schlechter ausgestaltet hätte. Eigentlich ein Skandal, da das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Experten in der vorliegenden Form schon lange erwartet worden war. Daher hätte sich das Justizministerium eigentlich schon seit vielen Jahren darauf einstellen können, dass bei einer Neuregelung des Betreuungsunterhalts nicht danach unterschieden werden darf, ob ein Kind ehelich oder nichtehelich ist.

Eine dem Grundgesetz entsprechende Gleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen Kindern beim Betreuungsunterhalt scheiterte bisher immer daran, dass sich viele Familienpolitiker aus den jeweiligen Regierungsparteien dafür stark gemacht hatten, die Ehe als Lebensform gegenüber einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch beim Betreuungsunterhalt zu privilegieren. Diese Zielsetzung ist jedoch eindeutig verfassungswidrig, wie sich aus dem Verfassungsgerichtsurteil ergibt. Denn dort heißt es: "Die ungleiche Dauer der Unterhaltsansprüche rechtfertigt sich auch nicht dadurch, dass bei geschiedenen Ehegatten im Gegensatz zu nicht miteinander verheirateten Eltern die eheliche Solidarität nachwirkt und Ansprüche begründen kann, die Nichtverheirateten nicht zustehen."



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