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Ist in Deutschland die Benutzung von Navigationsgeräten mit Radarwarnung verboten?


urbs-media, 7.5.2007: Die gängigen Navigationsgeräte für Kraftfahrzeuge werden zunehmend mit einer Software verkauft, die dem Kraftfahrer auch den Standort der festinstallierten Radarfallen und die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit anzeigt. Zusätzlich werden derartige Softwarelösungen auch separat quasie als Update für bereits vorhandene Navigationsgeräte angeboten. Die Folge: Einige Hundert Meter vor einer Radarfalle wird der Benutzer akustisch und optisch auf die kommende "Zahlstelle" hingewiesen.

In den Medien geht nun das Gespenst um, der Einsatz derartiger Anti-Blitz-Programme sei in Deutschland strafrechtlich verboten. Hierzu verweisen die Befürworter eines Verbots von Navigationsgeräten, die zugleich auch die Standorte von fest installierten Radarfallen anzeigen, auf § 23 Absatz 1b StVO. Hiernach ist es dem Führer eines Kraftfahrzeuges untersagt, ein technisches Gerät zu betreiben oder betriebsbereit mitzuführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte)."

Fraglich ist jedoch, ob Navigationsgeräte mit den gespeicherten Koordinaten von stationären Radarfallen tatsächlich wie von machen Polizeibehörden behauptet, unter diese Verbotsnorm fallen. Denn Kfz-Navigationsgeräte sind mit Sicherheit nicht dazu bestimmt, Verkehrsüberwachungsanlagen anzuzeigen oder zu stören. Ganz im Gegenteil: Radarwarner dienen nämlich eindeutig der Erhöhung der Verkehrssicherheit! Nach der geltenden Rechtslage sollen Radarfallen nämlich nur an tatsächlichen Unfallschwerpunkten aufgestellt werden, also dort, wo es zuvor wegen überhöhter Geschwindigkeiten zu Verkehrsunfällen gekommen ist. Und vor solchen Stellen werden die Benutzer gewarnt!

So betrachtet warnen die Navigationsgeräte also nicht vor den Radarfallen, wenn sie auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit an einer bestimmten Stelle hinweisen, sondern vor den entsprechenden Unfallgefahren. Wer durch sein Navigationsgerät auf die entsprechende Gefahrenstelle mit Geschwindigkeitsbegrenzung (und Radarfalle) hingewiesen wird und den entsprechenden Bereich mit angepasster Geschwindigkeit passiert, erhöht also ganz konkret die Verkehrssicherheit.

Dass eine derartige Argumentation den Polizeibehörden und den staatlichen Bußgeldkassen nicht gefällt, liegt auf der Hand. Aber auch die Vertreiber von Navigationsgeräten und der entsprechenden Anti-Blitzer-Software scheinen sich ihrer Sache nicht wirklich sicher zu sein. So teilt z.B. die Firma Falk ihren Kunden in der "Gebrauchsanweisung" mit, dass der Blitz-Warner nur bei der Routenplanung verwendet werden darf und diese Funktion während der Fahrt ausgeschaltet sein muss. Und auch der ADAC, der sich als Interessenvertretung der deutschen Kraftfahrer versteht, lehnt die Benutzung von Navigationsgeräten mit Blitzwarnern ab.

urbs-media Praxistipp: Wie so oft bei Dingen, die täglich viele Bürger betreffen, ist die Rechtslage in Deutschland unklar. Gerichtsurteile zum Thema Navigationsgeräte mit Software zur Warnung vor Gefahrenstellen mit Radarfallen gibtes bisher nicht. Wer eine derartige Gerätekombination benutzt, dem droht daher die Einziehung der entsprechenden Geräte und ein Bußgeld von 75 Euro zuzüglich 4 Punkte in Flensburg. Wegen der völlig unklaren Rechtslage sollten sich die Betroffenen gegen entsprechende verkehrsrechtliche Maßnahmen durch die Verwaltungsbehörden daher vor Gericht wehren. Es bestehen immerhin gewisse Chancen, dass die Gerichte entscheiden werden, die Anzeige der Stellen mit fest installierten Radaranlagen durch Kfz-Navigationsgeräte falle nicht unter die Verbotsvorschrift des § 23 StVO. Denn derartig aufgerüstete Navigationsgeräte spüren eben keine Radarfallen auf, sondern melden nur die von den Programmieren der Software zuvor eingegebenen (potentiellen) Standorte. Und diese Funktion fällt bei einer gesetzeskonformen Auslegung gerade nicht unter die Verbotsnorm von § 23 StVO.

Wenn man die Argumentationskette der Befürworter einer Strafbarkeit nach § 23 StVO weiterdenkt, dann müssten konsequenterweise auch Straßenkarten mit eingezeichneten Standorten von Radarfallen verboten werden und auch Beifahrer dürfte bei Strafandrohung den Fahrer nicht auf diese "Zahlstellen" hinweisen. Verboten wäre es auch, die Koordinaten von Radarfallen als "Punkte von besonderem Interesse" eigenhändig in die Navigationssoftware einzugeben.

Bei dem Streit um die Zulässigkeit von Navigationsgeräten mit Warnfunktion vor Radarfallen geht es also im Kern um den alten Streit, ob in Deutschland alles verboten ist, was der Staat nicht ausdrücklich erlaubt hat oder ob nicht umgekehrt in einer Demokratie alles erlaubt ist, was nicht durch rechtmäßig zustande gekommene Gesetze ausdrücklich verboten ist. Zumindest laut Grundgesetz (Art. 103 Abs. 2 GG) gilt in Deutschland eigentlich (noch) die zweite Alternative, nämlich der Grundsatz "keine Strafe ohne ausdrückliches Gesetz".



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