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Der große Schwindel mit den "Ein Cent Auktionen" im Internet


urbs-media, 21.2.2011: Derzeit sind "Ein-Cent-Auktionen" im Internet der wahre Renner. Dabei steigt der Preis für die zu versteigernde Ware pro Gebot um 1 Cent. Klingt im Prinzip nicht schlecht, wenn man wie die Veranstalter behaupten im Regelfall für fabrikneue Waren nur 50 Prozent des üblichen Ladenpreises bezahlen muss.

Aber denken Sie bei allen angeblichen Schnäppchenangeboten daran: In unserer Welt hat niemand etwas zu verschenken. Und das gilt insbesondere für das Internet, wo sich Anbieter und Interessenten nur virtuell gegenüberstehen. Wo ist also der Haken bei diesen angeblich so fantastischen 1 Cent Auktionen?

Rechnen wir einmal nach: Um ein Gebot abgeben zu können, müssen die Auktionsteilnehmer zuvor sogenannte "Bietrechte" kaufen. Und der Preis pro Gebot beträgt dann im Regelfall 50 Euro-Cent. Schauen wir uns daher den Bietvorgang z.B. für eine Digitalkamera (unterstellter Ladenpreis 50,00 Euro) einmal genauer an:

Das erste Gebot beginnt bei 1 Cent und bringt dem Veranstalter eine Biet-Gebühr von 50 Cent. Beim zweiten Gebot (2 Cent) hat der Veranstalter schon Gebühren in Höhe von 1,00 Euro eingenommen. Bereits ab dem hundertsten Gebot haben die Veranstalter damit allein durch die Gebühren den üblichen Einzelhandelspreis von 50,00 Euro erzielt. Dabei steht das Höchstgebot zu diesem Zeitpunkt dann gerade einmal bei einem Euro. Es werden sich daher mit Sicherheit weitere "Schnäppchenjäger" finden, die auf die Kamera bieten.

Nehmen wir einmal an, die Kamera geht schließlich für ein Höchstgebot von 25 Euro (50 Prozent des Ladenpreises) an einen Interessenten. Für die Veranstalter der 1-Cent-Auktion sieht die Rechnung dann so aus:

  • Einkaufspreis für die Kamera: 35 Euro
  • Verkaufspreis durch das Höchstgebot: 25 Euro
  • Eingenommene Bietgebühren: 1.250 Euro (2.500 Gebote zu je 0,50 Euro)

Insgesamt stehen in dem vorgenannten Beispiel einem Wareneinsatz von 35,00 Euro somit Einnahmen in Höhe von 1.275,00 Euro gegenüber. Das ist doch Spitze!


Nun wollen wir die gleiche Rechnung einmal aus Sicht des erfolgreichen Bieters aufmachen: Dabei unterstellen wir, dass der Bieter das Höchstgebot nicht im ersten Anlauf abgegeben hat, sondern im Laufe der Auktion mehrmals überboten wurde.

  1. Der Zuschlag erfolgt beim zehnten Gebot des Auktionsteilnehmers: Insgesamt wurden folglich bei einer Bietgebühr von jeweils 0,50 Euro weitere 5,00 Euro an Gebühren fällig. Unter dem Strich hat den Bieter die Kamera folglich 30,00 Euro gekostet. Mit Sicherheit kein schlechter Preis, allerdings kommen dann häufig noch Porto- und Verpackungskosten sowie Transaktionsgebühren dazu.

  2. Der Zuschlag erfolgt erst beim 40. Gebot des Auktionsteilnehmers: Dann hat der Erwerber insgesamt 20 Euro an Bietgebühren aufgewendet, um den Zuschlag zu erhalten. Zusammen mit dem Höchstgebot von 25,00 Euro liegt der Erwerber dann bereits insgesamt bei 45,00 Euro, die er ohne Berücksichtigung der Verpackungs- und Transportkosten zu zahlen hat. Bei einem unterstellten Ladenpreis von 50,00 Euro wird dies im Regelfall dann kein Schnäppchen mehr sein.

urbs-media Praxistipp: Viele Leser werden jetzt meinen, es sei lediglich eine Frage des perfekten Timings, um mit möglichst wenig Geboten den Zuschlag zu erhalten. Denn für derartige Auktionen gibt es nämlich ein festes Zeitfenster, so dass es zumindest theoretisch möglich sein müsste, das Höchstgebot sekundengenau zu platzieren.

Da haben die Veranstalter jedoch zu Ungunsten der Auktionsteilnehmer eine teuflische Klausel in die Versteigerungsbedingungen eingebaut. Denn nach jedem Höchstgebot verlängert sich die Auktionsdauer über den festgelegten Zeitrahmen hinaus um eine gewisse Zeitspanne. Dies sind dann z.B. 10 oder 15 Sekunden, in denen andere Teilnehmer die Möglichkeit haben, weitere Gebote abzugeben.

Und genau das ist es, worauf die Veranstalter spekulieren: Zum Schluss der festgesetzten Auktionsdauer beginnt eine wahre Bietorgie und jeder versucht das vorherige Höchstgebot noch zu übertrumpfen. Und weil ja jedes zusätzliche Gebot die Bietzeit weiter verlängert, gibt es aus technischer Sicht auch kein Ende für den Biet-Rummel. Lediglich ab dem Zeitpunkt, wenn sich das Höchstgebot dem Ladenpreis nähert, gibt es rein wirtschaftlich betrachtet keinen Anlass mehr, weitere Gebote abzugeben.

Unterstellen wir einmal, ein Teilnehmer ersteigert die im Beispiel genannte Kamera für 48,50 Euro. Das wäre im Vergleich zum Ladenpreis eine Ersparnis von 1,50 Euro. Um diesen Preis zu erreichen, müssen bei einer Steigerung der Gebote um jeweils 1 Cent insgesamt 4.850 Gebote abgegeben werden. Für die überglücklichen Versteigerer bedeutet dies allein aus den Bietgebühren Einnahmen in Höhe von 2.425,00 Euro, und das bei einem Einkaufspreis von 35,00 Euro.

Die urbs-media Redaktion hofft, allen potentiellen Bietern damit die Augen geöffnet zu haben. Bei derartigen Auktionen kann man nur aus Zufall einmal ein Schnäppchen machen, wenn man gleich beim ersten oder zweiten Gebot den Zuschlag erhält. Betrachten Sie deshalb die Anbieter derartiger Auktionen getrost als Hütchenspieler, die nur ihren eigenen großen Gewinn im Auge haben. Machen Sie deshalb bitte einen großen Bogen um derartige "1-Cent-Auktionen"!



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