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Ehemalige T-Online-Aktionäre erhalten für den Zwangsumtausch in Telekom-Aktien eine zusätzliche Entschädigung von 1,15 Euro pro Aktie


urbs-media, 4.10.2010: In unseren Updates hatten wir in der Rubrik "Geld und Finanzen" mehrfach über die Zwangsverschmelzung von T-Online mit der Deutschen Telekom berichtet, zuletzt über einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.6.2006 (II ZB 5/06). Mit dieser Entscheidung wurden die Widersprüche der Kleinaktionäre gegen die so genannte Wiedereingliederung der Online-Sparte in den Telekom-Konzern zurückgewiesen. Die privaten Anteilseigner von T-Online fühlten sich nämlich vom Mutterkonzern Telekom praktisch enteignet. Denn die Telekom hatte die Aktien von T-Online im April 2000 mit einem Ausgabepreis von 27 Euro an die Börse gebracht und wollte knapp sechs Jahre später den geprellten Aktionären nur noch etwa 8,00 Euro für eine T-Online-Aktie beim Zwangsumtausch in Telekom-Aktien anrechnen.

Da die Zwangsverschmelzung vom Bundesgerichtshof letztinstanzlich abgesegnet worden war, blieb den geschädigten Aktionären von T-Online nur noch das so genannte Spruchstellenverfahren, um für sich eine marktgerechte Entschädigung einzuklagen. Damals hatten wir deshalb in unserem urbs-media Praxistipp geraten, das Umtauschangebot der Deutschen Telekom abzulehnen und auf das von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) unterstützte Spruchstellenverfahren zu warten.

Jetzt hat das Oberlandesgericht Frankfurt am 3.9.2010 (5 W 57/09) abschließend entschieden, dass die Deutsche Telekom AG bei der Zwangsverschmelzung den Wert der T-Online-Aktie zum Nachteil der Altaktionäre zu niedrig festgesetzt hatte. Deshalb haben die Frankfurter Richter für jede von der Zwangsverschmelzung betroffene Aktie eine zusätzliche Entschädigung in Höhe von 1,15 Euro zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen für vier Jahre festgesetzt. Daraus ergibt sich für die 120 Mio. T-Online-Aktien insgesamt eine Nachzahlung in der Größenordnung von etwa 200 Mio. Euro zu Lasten der Deutschen Telekom.

Im Regelfall erhalten die betroffenen Aktionäre diese Entschädigung automatisch durch ihre depotführende Bank oder Sparkasse. Ein besonderer Antrag ist also nicht erforderlich. Eine wichtige Ausnahme gilt jedoch für diejenigen Kapitalanleger, die nach der Zwangsverschmelzung von T-Online mit der Telekom das Kreditinstitut gewechselt haben. Stichtag ist hier der 14.7.2006. Diese "Depotwechsler" müssen sich unbedingt mit ihrer damaligen Bank oder Sparkasse in Verbindung setzen, um in den Genuss der vom OLG Frankfurt festgesetzten Barentschädigung zu gelangen.

urbs-media Praxistipp: Die Vorgänge um T-Online bewiesen, dass es keine Volksaktien gibt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Staat oder ehemalige Muttergesellschaftten weiterhin Anteile an ausgegliederten Unternehmen halten (wie z.B. bei der Deutschen Bahn AG). Bei den dann auftretenden Interessenkonflikten ziehen die Kleinanleger in Deutschland regelmäßig den kürzeren, auch wenn es durch die Gerichte wie im Fall von T-Online gegebenenfalls einen geringen Nachschlag gibt.

Beispiel: Wer Anfang des Jahres 2000 sein Geld auf dem Girokonto gelassen hätte anstelle sich z.B. für 10.000 Euro insgesamt 370 T-Online-Aktien zu kaufen, der hätte jetzt immer noch sein ungeschmälertes Kapital. Wer hingegen den Versprechungen der Telekom bei der Ausgliederung von T-Online geglaubt hat, der hatte statt seiner im Regelfall sauer verdienten 10.000 Euro nur Telekom-Aktien im Gegenwert von noch etwa 2.738 Euro in seinem Depot.

Durch die gerichtlich festgelegte Schadensersatzzahlung in Höhe von 1,15 Euro pro T-Online-Aktie erhält der Anleger im Beispielsfall zwar einen Nachschlag von 425,50 Euro, hierdurch sieht die von der Telekom durch den Zwangsumtausch verursachte Schadensbilanz aber nur geringfügig besser aus.

Kapitalanleger können aus dem Skandal um T-Online vor allem lernen, dass die Beteiligung an Unternehmen, bei denen es nur einen oder wenige Großaktionäre gibt, besonders risikoreich ist. Nicht nur dass man als Anleger das Kursrisiko trägt, man muss auch immer damit rechnen, dass bei positiven wirtschaftlichen Aussichten die Großaktionäre beschließen, den Kleinanlegern schlichtweg den Stuhl vor die Tür zu setzen.

Börsengänge im Zusammenhang mit der Ausgliederung von Unternehmensteilen laufen in Deutschland offensichtlich überwiegend immer noch nach dem gleichen Muster ab: Die Verluste für die Kleinanleger, die Gewinne für die Großkonzerne. Und noch eine Volksweisheit: Je mehr Werbung für einen Börsengang gemacht wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Anleger bei der Zeichnung von Aktien langfristig hohe Verluste erleiden.



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