aktuelle Infos
aktuelle
Infos
urbs - media
http://www.urbs.de
zur Startseite von urbs-media   Homepage
Übersicht der archivierten Beiträge   Übersicht

Viele Anleger kennen bei Cobold-Anleihen und Colibri-Anleihen das Risiko eines Totalverlustes nicht


urbs-media, 6.7.2009: Nachdem Banken und Sparkassen bei institutionellen Anlegern und Firmenkunden kaum noch Geld verdienen können, geraten jetzt die Kleinanleger wieder verstärkt in den Blickpunkt der Finanzstrategen. Und wer geglaubt hatte, nach der Lehman-Pleite würden die Kreditinstitute künftig beim Vertrieb von Zertifikaten und strukturierten Anleihen im Sinne ihrer Kunden mehr Vorsicht walten lassen, der sieht sich gewaltig getäuscht: Jetzt sollen zwar die Kleinanleger für Umsatz und damit Geld in den Bankkassen sorgen, eine seriöse Beratung und eine sichere Anlagestrategie werden häufig aber nicht geboten.

Aktuell sind wieder so genannte Cobold-Anleihen auf dem Markt. Der Begriff "Cobold" steht dabei für "Corporate Bond Linked Debt". Die Namensverwandtschaft zu Kobold suggeriert dem Anleger dabei einen nützlichen Hausgeist, der den Hausherren zwar zuweilen neckt, ihm aber niemals schadet (so die Definition bei Wikipedia). Von einem ganz anderen Kaliber sind da schon die Finanz-Cobolde, denn im Vergleich zu herkömmlichen Unternehmensanleihen ist das Ausfallrisiko bei einer Cobold-Anleihe viel höher - bis hin zum Totalverlust. Derartige Fälle eines Totalverlusts hat es in der Vergangenheit auch schon gegeben. Dies hindert die Finanzbranche aber nicht, erneut mit den Cobold-Anleihen auf "Dummenfang" zu gehen. Dabei kommt es nicht so genau auf den Namen an, teilweise werden diese Papiere auch als Colibri-Anleihen bezeichnet oder unter anderen exotischen Bezeichnungen vertrieben.

Alle diesen Anleiheformen gemeinsam ist, dass es sich um so genannte "Cretit-Linked-Notes" (CLN) handelt. Bei diesen Finanzprodukten hängt deren Wert davon ab, dass die Bonität eines Unternehmens von mehrerer Firmen oder eines Staates von mehreren Staaten nicht unter einen bestimmten Wert sinkt. Dieses Risiko wird den Anlegern dann durch einen lächerlich geringfügigen Zinsaufschlag vergütet. Das hinterhältige dabei: Diese "Körbe" werden häufig so zusammengestellt, dass immer ein Wackelkandidat dabei ist. Damit wird laut der Zeitung "Financial-Times-Deutschland" (FTD vom 31.1.2008) das Prinzip "Lege nicht alle Eier in einen Korb" schlichtweg in sein Gegenteil verkehrt, weil sich das Risiko der Anlage nach dem schlechtesten Investment richtet!

Dies mussten z.B. die Inhaber der Anleihe mit dem schönen Namen Anleihe "Cobold 74" der DZ-Bank schmerzhaft erfahren. In diesem Fall war der "Pleitekandidat" im Korb die Lehman-Bank und nach deren Konkurs war die Anleihe der DZ-Bank praktisch wertlos. Welches Risiko die Anleger mit ihrer "Kobold" eingingen, war in den Emissionsbedingungen hinter nichtssagenden Worthülsen versteckt. Von "Kreditereignis" und "Referenzunternehmen" war da die Rede. Kaum ein Anleger war sich bewusst, dass er für eine zusätzliche Rendite von einem lächerlichen Prozentpunkt das Risiko dafür übernommen hatte, dass innerhalb der nächsten Jahre keine der fünf genannten US-Banken in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde. Das besonders Hinterhältige an dieser Anleihe: Zum Emissionszeitpunkt im Mai 2007 war für viele Experten bereits absehbar, dass die Banken in den USA wegen der Hypothekenkrise schon bald in akute Finanznot geraten würden.

urbs-media Praxistipp: In der Praxis erwesen sich "Anlageberater" häufig als die schlimmsten Feinde eines Menschen. Denn der Anleger ist das einzige Lebewesen, dem man das Fell zweimal über die Ohren ziehen kann. Diese Weisheit (frei nach W. I. Lenin in seiner Schrift "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus" - da waren es allerdings die Ochsen) bewahrheitet sich aktuell wieder bei den CLN-Anleihen. Denn auch weiterhin werden derartige Papiere gehandelt, diesmal z.B. mit Bayer, Daimler, Dt. Telekom, E.ON und Porsche im Referenzkorb (DZ100C). Auffällig ist überhaupt, dass Porsche überdurchschnittlich oft als Referenzunternehmen bei derartigen CLN-Anleihen der DZ-Bank auftaucht.

Wer sich trotz des Risikos eines Totalverlustes an Credit-Linked-Notes heranwagen will, der sollte unbedingt folgende Punkte prüfen:

  • Kann man der Bonität aller Referenzunternehmen trauen? Dabei kommt es auf das schwächste Glied in der Kette an. Je mehr Referenzschuldner eine Anleihe hat, umso größer wird daher das Risiko für den Anleger. Denn ein einziges Unternehmen oder ein einziger Staat im Referenzkorb mit Zahlungsproblemen entwertet die gesamte Anleihe.

  • Kann man der Bonität der herausgebenden Bank oder Sparkasse trauen? Denn derartige Anleihen sind durch die gesetzliche Einlagensicherung nicht geschützt.

  • Ist die Laufzeit überschaubar? Hier sollte man generell nur sehr kurze Laufzeiten wählen. Wer weiß, ob es die Referenzunternehmen in zwei oder drei Jahren überhaupt noch gibt oder ob ein Referenzstaat dann noch zahlungsfähig ist.

  • Steht die Rendite in einem angemessenen Verhältnis zum übernommenen Risiko? Nicht selten ist die Rendite von erstklassigen Unternehmensanleihen gleich hoch oder doch kaum geringer als bei den nur schwer durchschaubaren CLN-Anleihen.



urbs-media GbR
http://www.urbs.de