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Viele Sparer haben bei Sparverträgen mit variabler Verzinsung Anspruch auf zusätzliche Zinsen


urbs-media, 19.7.2004: Bei Sparverträgen mit variabler Verzinsung richtet sich die Höhe der Guthabenzinsen im Regelfall nach der Entwicklung der so genannten Marktzinsen. Hierbei handelt es sich um die Effektivverzinsung bei langfristigen Kapitalanlagen, z.B. für 10jährige Bundesanleihen. Den exakten Umfang der Zinsanpassungen verstecken die Kreditinstitute dabei jedoch zuweilen hinter unpräzisen Formulierungen in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ihnen das Recht einräumen, die Zinsen für derartige Spareinlagen jeweils zum Jahresende selbst festzusetzen.

Der Bundesgerichtshof hat auf Klage der Verbraucherzentrale NRW diese Praxis nun für unzulässig erklärt. Im Streitfall ging es um eine Vertragsklausel der Sparkasse Paderborn für einen so genannten Combi-Sparvertrag, die wie folgt lautet: "Die Sparkasse zahlt am Ende eines Kalenderjahres den im Jahresverlauf durch Aushang bekanntgegebenen Zins für das Combi-Sparguthaben". Im Urteilsfall lag die Differenz zwischen dem Kapitalmarktzins und dem tatsächlich gezahlten Zins innerhalb der 15jährigen Vertragslaufzeit zeitweilig bei knapp 3 Prozentpunkten (Marktzins 4,22 %, Vertragszins 1,25 %).

Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass die künftige Verzinsung bei langfristigen Anlageformen mit variablem Zinssatz für die Anleger einigermaßen kalkulierbar sein muss. Die Kreditinstitute dürfen die laufende Verzinsung bei derartigen variabel verzinslichen Anlageformen daher nicht ohne Rücksicht auf das bei Vertragsbeginn bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung ändern und die Sparer damit einem unzumutbaren Zinsänderungsrisiko aussetzen.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.2.2004 - XI ZR 140/03)

urbs-media Praxistipp: Die Verbraucherverbände gehen davon aus, dass bundesweit mehrere Millionen Sparverträge von dem BGH-Urteil betroffen sind. Denn viele Banken und Sparkassen verwenden die vom Bundesgerichtshof für unzulässig erklärten Zinsänderungsklauseln. Das BGH-Urteil gilt für folgende Sparverträge:

  • Es muss sich um langfristige Sparverträge handeln.

  • Die Verträge müssen eine variable Grundverzinsung gewähren, deren Anpassung nicht von einem konkreten Kapitalmarktzins abhängt.

  • Die Verträge müssen feste Zinsanteile zusichern, die sich der Laufzeit entsprechend anpassen. Diese bestehen meist aus einem Bonus, Prämien oder Zinsaufschlägen.

  • Die vorzeitige Vertragsbeendigung muss dem Kunden Nachteile bei der Gesamtverzinsung bringen.
Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, dann sollten die Kapitalanleger prüfen, ob die Verzinsen ihrer Spareinlage tatsächlich entsprechend der Entwicklung des Kapitalmarktzinses erfolgte. Entsprechende Tabellen mit dem Kapitalmarktzins der vergangenen Jahre gibt es z.B. bei den Verbraucherzentralen oder bei den Kreditinstituten.

Die Zusatzzinsen bei falschen Anpassungen an den Kapitalmarktzins können im übrigen auch für solche Sparverträge verlangt werden, die bereits abgewickelt wurden. Die Verbraucherzentrale NRW geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass je nach Abschlussdatum und Verjährungsfrist die entgangenen Zinsen rückwirkend bis zum Jahr 1977 eingefordert werden können.



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