Die Bedeutung der Analystensprache bei Aktienempfehlungen
urbs-media, 4.9.2000: Private Kapitalanleger haben in der Regel keine Einblicke in die Unternehmensinterna von Aktiengesellschaften. Sie sind daher bei ihren Anlageentscheidungen auf eine professionelle Einschätzung der künftigen Kursentwicklung von Aktien angewiesen. Zahlreiche Banken und Sparkassen geben hier regelmäßig sogenannte Performance-Einschätzungen, also Prognosen zur Kursentwicklung von Aktien im Vergleich zum Gesamtmarkt.
Die Analysten bedienen sich dabei einer sehr knappen Ausdrucksweise, deren Bedeutung sich für den Laien nicht unbedingt aus den jeweiligen Bezeichnungen erschließt. Hinzu kommt, dass die Aktienanalysten der verschiedenen Kreditinstitute zur Beschreibung des gleichen Sachverhalts teilweise höchst unterschiedliche Bezeichnungen verwenden und selbst dort, wo die benutzten Ausdrücke identisch sind, wird diesen teilweise eine unterschiedliche Bedeutung zugemessen.
Während sich Empfehlungen wie "Kaufen", "Halten" oder "Verkaufen" noch aus sich selbst heraus erklären, ist dies bei anderen Bezeichnungen wie z.B. "Outperformer", "Overvalued" oder "Market Underperformer" nicht mehr der Fall.
Die nachfolgende Übersicht erläutert, welche Bedeutung sich hinter den einzelnen Kategorien für Aktienempfehlungen verbirgt. Die Einteilung schwankt dabei je nach Kreditinstitut zwischen 3 und 5 Kategorien für die jeweiligen Einschätzungen.
1. Klare Kaufempfehlungen
Wenn eine Aktie von den Analysten eine eindeutige Kaufempfehlung erhält, bedeutet diese Bewertung, dass sich der Kurs des jeweiligen Wertpapier vermutlich deutlich besser als der Gesamtmarkt entwickeln wird. Insbesondere wenn mehrere Analysten unabhängig von einander zu einer derartigen positiven Bewertung kommen, ist dies ein wichtiges Kaufsignal.
Beispiele für klare Kaufempfehlungen
Aktienempfehlung |
Kreditinstitut |
Prognose der Analysten |
Strong Buy
|
Deutsche Bank
|
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine gute Kaufgelegenheit. Die Aktie wird sich deutlich besser entwickeln als der Markt.
|
Société Générale
|
Die Aktie wird in den nächsten 12 Monaten mehr als 15 Prozent steigen.
|
Julius Bär
|
Die Aktie wird in den nächsten 12 Monaten mehr als 20 Prozent steigen.
|
Buy
|
ABN Amro
|
Der Kursanstieg der Aktie wird in den nächsten 6 Monaten mindestens 10 Prozent über der Entwicklung des Indexes liegen.
|
WestLB
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 12 Monaten um mehr als 20 Prozent besser entwickeln als der Index.
|
J.P. Morgan
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate wird sich die Aktie um mindestens 5 Prozent besser als der Gesamtmarkt entwickeln.
|
Kaufen
|
Trinkaus & Burkhardt
|
Die Kursanstieg der Aktie wird in den nächsten 12 Monaten um mehr als 15 Prozent über der Marktentwicklung liegen.
|
Dresdner Bank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 12 Monaten um mehr als 10 Prozent besser entwickeln als der Index.
|
DG Bank
|
Innerhalb der nächsten 6 Monate hat die Aktie ein Kurspotential von mehr als 10 Prozent.
|
Outperformer
|
WGZ Bank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 6 Monaten mindestens um 10 Prozent besser als der Gesamtmarkt entwickeln.
|
Hamburgische Landesbank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 6 bis 12 Monaten mindestens 10 Prozent besser entwickeln als der jeweilige Index.
|
Als unbedingte Kaufempfehlungen können außerdem die Einstufungen "Überdurchschnittlich" der Hypo-Vereinsbank sowie "Priority List" von Goldmann Sachs gelten.
2. Bedingte Kaufempfehlungen
Neben den uneingeschränkten Kaufempfehlungen gibt es noch sogenannte bedingte Kaufempfehlungen. Auch hier erwarten die Analysten in den kommenden Monaten Kursgewinne, die noch über dem allgemeinen Marktdurchschnitt liegen.
Insbesondere solche Banken, die für die uneingeschränkte Kaufempfehlung den Begriff "Strong Buy" verwenden, benutzen für derartige eingeschränkten Empfehlungen häufig die Bezeichnung "Buy". Hier kann es leicht zu Verwechslungen kommen.
Beispiele für bedingte Kaufempfehlungen
Aktienempfehlung |
Kreditinstitut |
Prognose der Analysten |
Aufstocken
|
Trinkaus & Burkhardt
|
Im Vergleich zum Index wird sich die Aktie in den nächsten 12 Monaten zwischen 5 und 15 Prozent besser entwickeln.
|
Dresdner Bank
|
Im Vergleich zum Index wird sich die Aktie in den nächsten 12 Monaten um weniger als 10 Prozent besser entwickeln.
|
Buy
|
Deutsche Bank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 12 Monaten mindestens 10 Prozent besser entwickeln als der Markt.
|
Société Générale
|
Die Aktie hat ein Kurspotential zwischen 5 und 15 Prozent innerhalb der nächsten 12 Monate.
|
Julius Bär
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate hat die Aktie ein absolutes Kurspotential zwischen 5 und 20 Prozent.
|
Outperformer
|
WestLB
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 12 Monaten zwischen 10 und 20 Prozent besser entwickeln als der Index.
|
Long-Term-Buy
|
J.P. Morgan
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 18 Monaten besser als der Gesamtmarkt entwickeln
|
Bedingte Kaufempfehlungen stellen auch die Einstufungen "Akkumulieren" der DG Bank bzw. "Accumulate" von Merrill. Lynch dar.
3. Empfehlung: Bestand halten
Die Banken und Sparkassen geben nur in extremen Ausnahmefällen klare Verkaufsempfehlungen. Daher empfinden zahlreiche Anleger bereits eine "neutrale Einstufung" als negativ und werten dies als Verkaufssignal.
Beispiele für Empfehlungen zum "Halten"
Aktienempfehlung |
Kreditinstitut |
Prognose der Analysten |
Halten
|
Trinkaus & Burkhardt
|
In den nächsten 12 Monaten wird sich die Aktie im Vergleich zum Markt entweder um 5 Prozent besser oder um 5 Prozent schlechter entwickeln.
|
Dresdner Bank
|
Die Aktie wird sich innerhalb der nächsten 12 Monate entsprechend dem Gesamtmarkt entwickeln.
|
Market Performer
|
Deutsche Bank
|
In den nächsten 12 Monaten wird sich die Aktie bei einer Schwankungsbreite von plus/minus 10 Prozent entsprechend dem Markt entwickeln.
|
Hamburgische Landesbank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 12 Monaten bei einer Schwankungsbreite von plus/minus 10 Prozent entsprechend dem jeweiligen Index entwickeln.
|
WGZ Bank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 6 Monaten mit einer Schwankungsbreite von plus/minus 10 Prozent entsprechend dem Gesamtmarkt entwickeln.
|
J.P. Morgan
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate wird sich der Aktienkurs entsprechend dem Gesamtmarkt entwickeln.
|
Hold / Halten
|
Société Générale
|
Die Aktie hat innerhalb der nächsten 12 Monate ein absolutes Kurspotential von plus/minus 5 Prozent.
|
Julius Bär
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate hat die Aktie ein absolutes Kurspotential bis zu 5 Prozent.
|
Von verschiedenen Kreditinstituten (z.B. der "WestLB") wird die Empfehlung "Bestand halten" auch durch den Aktienempfehlung "neutral" ausgedrückt.
4. Bedingte Verkaufsempfehlung
Wenn die Analysten erwarten, dass der Kurs einer Aktie für einen längeren Zeitraum deutlich fallen wird, sprechen sie eine sogenannte bedingte Verkaufsempfehlung aus. Dies bedeutet, dass sich der Anleger zumindest von einem Teil seiner Aktien trennen sollte, um größere Verluste zu vermeiden. Es besteht jedoch die Aussicht, dass der Aktienkurs auf lange Sicht wieder steigen könnte.
Beispiele für bedingte Verkaufsempfehlungen
Aktienempfehlung |
Kreditinstitut |
Prognose der Analysten |
Reduzieren
|
Trinkaus & Burkhardt
|
In den nächsten 12 Monaten wird sich die Aktie im Vergleich zum Markt zwischen 5 und 15 Prozent schlechter entwickeln.
|
Dresdner Bank
|
Die Aktie wird sich innerhalb der nächsten 12 Monate um bis 10 Prozent schlechter als der jeweilige Index entwickeln.
|
DG Bank
|
Innerhalb der nächsten 6 Monate droht ein Kursverlust bis zu 10 Prozent.
|
Underperformer
|
Deutsche Bank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 12 Monaten im Vergleich zum Markt um mindestens 10 Prozent schlechter entwickeln.
|
Hamburgische Landesbank
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 6 bis 12 Monaten im Vergleich zum jeweiligen Index um mindestens 10 Prozent schlechter entwickeln.
|
WestLB
|
Die Aktie wird sich in den nächsten 12 Monaten im Vergleich zum Index zwischen 10 und 20 Prozent schlechter entwickeln.
|
WGZ Bank
|
Im Vergleich zum Gesamtmarkt wird die Aktie innerhalb der nächsten 6 Monate um mindestens 10 Prozent schlechter abschneiden.
|
J.P. Morgan
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate wird sich der Aktienkurs im Vergleich zum Gesamtmarkt um mindestens 5 Prozent schlechter entwickeln.
|
Société Générale
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate droht ein Kursverlust zwischen 5 und 15 Prozent.
|
Manche Banken (z.B. ABN Ambro) benutzen bei bedingten Verkaufsempfehlungen auch den Begriff "Overvalued" (Überbewertet).
5. Klare Verkaufsempfehlungen
Viele Kreditinstitute haben als schlechteste Bewertung für Aktien die vorgenannten bedingten Verkaufsempfehlungen. Klare Verkaufsempfehlungen sind bei den Banken und Sparkassen eigentlich die Ausnahme.
Beispiele für klare Verkaufempfehlungen
Aktienempfehlung |
Kreditinstitut |
Prognose der Analysten |
Verkaufen
|
Trinkaus & Burkhardt
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate wird sich die Aktie im Vergleich zum Markt um mehr als 15 Prozent schlechter entwickeln.
|
Dresdner Bank
|
Die Aktie wird sich innerhalb der nächsten 12 Monate um mindestens 10 Prozent schlechter entwickeln als der jeweilige Index.
|
DG Bank
|
Innerhalb der nächsten 6 Monate droht ein Kursverlust von mehr als 10 Prozent.
|
Sell
|
WestLB
|
In den nächsten 12 Monaten wird sich die Aktie um mindestens 20 Prozent schlechter entwickeln als der Index.
|
Société Générale
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate droht ein Kursverlust von mindestens 15 Prozent.
|
Julius Bär
|
Innerhalb der nächsten 12 Monate droht ein Kursverlust von mehr als 10 Prozent.
|
Wird eine Aktie mit der Bezeichnung "No Rating" (Keine Einschätzung) versehen, so so bedeutet dies im Regelfall eine unbedingte Verkaufsempfehlung bzw. einer unbedingte Warnung vor dem Erwerb derartiger Aktien.
urbs-media GbR
http://www.urbs.de
|