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Der Bluff der Bundesregierung mit den ermäßigten Krankenversicherungsbeiträgen für geringverdienende Selbständige


urbs-media, 21.5.2007: Seit 1. April 2007 sind als Folge der so genannten Gesundheitsreform die Mindestbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Selbständige mit geringem Einkommen von bisher rund 250 Euro auf rund 170 Euro abgesenkt worden. So heißt es zumindest in einer Veröffentlichung des Bundesministerium für Gesundheit auf der Seite www.die-gesundheitsreform.de im Internet. Hintergrund der angeblichen Beitragssenkung ist, dass seit 1.4.2007 die Beiträge von Selbständigen in der gesetzlichen Krankenversicherung nach einem ermäßigten fiktiven Mindesteinkommen berechnet werden können, und zwar nur noch aus 1.225 Euro statt zuvor aus 1.837,50 Euro. Durch die Neuregelung lassen sich bei einem Krankenkassenbeitrag von z.B. 13,8 Prozent dann monatlich bis zu 84,50 Euro an Beiträgen sparen.

Nach Auskunft von Branchenkennern sind gegenwärtig in Deutschland 35 bis 40 Prozent der Selbständigen Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Auf den ersten Blick erscheint die von der Großen Koalition als Verbesserung gefeierte Absenkung des fiktiven Mindestentgelts auf 1.225 Euro daher als spürbare Entlastung für die Haushaltskasse von geringverdienenden Selbständigen.

Bevor man sich in Deutschland jedoch über angebliche Beitragssenkungen speziell in der gesetzlichen Krankenversicherung freut, sollte man einen kritischen Blick in das "Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenkasse" werfen. Und in § 240 Abs. 4 SGB V heißt es hier: "Die Satzung der Krankenkasse bestimmt, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde gelegt werden. Dabei sind insbesondere das Vermögen des Mitglieds sowie Einkommen und Vermögen von Personen, die dem Mitglied in Bedarfsmitgliedschaft leben, zu berücksichtigen."

Die meisten gesetzlichen Krankenversicherungen haben daher sofort Regelungen in ihren Satzungen erlassen, um möglichst viele Selbständige mit geringem Einkommen von den ermäßigten Krankenkassenbeiträgen auszuschließen. Hiernach ist z.B. in folgenden Fällen im Regelfall bei der Berechnung der Krankenkassenbeiträge weiterhin von einem fiktiven Mindesteinkommen in Höhe von 1.837,50 Euro auszugehen:

  • Bei verheirateten oder mit einem Partner zusammenlebenden Selbständigen übersteigen die beitragspflichtigen Einnahmen der Bedarfsgemeinschaft pro Monat 3.675 Euro.

  • Der Selbständige oder sein Partner erzielen steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen.

  • Der Selbständige oder sein Partner erzielen Einkünfte oder Verluste aus Vermietung und Verpachtung.

  • Das Vermögen des Selbständigen oder seines Partner übersteigt 9.800 Euro.
urbs-media Praxistipp: Bis Ende Juni 2008 haben die einzelnen gesetzlichen Krankenkassen das Recht, selbst zu bestimmen, unter welchen Bedingungen Selbständige ihre Krankenversicherungsbeiträge aus einem ermäßigten fiktiven Mindesteinkommen von 1.2250 Euro (statt 1.837,50 Euro) entrichten können. Ab 1.7.2008 wird dann der bis dahin neu zu konstituierende "Bund der Krankenkassen" einheitlich für alle gesetzlichen Kassen in Deutschland die Einkommens- und Vermögensgrenzen sowie eventuell schädliche Einkunftsarten (z.B. aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung) festlegen.

In der Zwischenzeit haben selbständige also die Möglichkeit, zu einer gesetzlichen Krankenkasse zu wechseln, deren Satzung hier günstigere Regelungen enthält. Allerdings gilt bereits jetzt einheitlich für alle Kassen, dass Selbständige nur dann in den Genuss der ermäßigten Krankenkassenbeiträge kommen, wenn sie neben ihrem Einkommen auch ihr Vermögen sowie gegebenenfalls das Einkommen und das Vermögen von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft offenlegen.

Insoweit werden also geringverdienende Selbständige von den Krankenkassen wie die Empfänger von Harz IV behandelt: Sie müssen dem Staat bzw. den Krankenkassen nicht nur über ihre eigenen finanziellen Verhältnisse informieren, sondern auch Angaben über Einkommen und Vermögen von anderen Mitgliedern der so genannten Bedarfsgemeinschaft machen.

Die Präsidentin des Bundesverbands der Selbständigen (BDS) Frau Dorothea Störr-Ritter fordert daher von der Bundesregierung eine Änderung des Gesetzes zugunsten der Selbständigen mit geringem Einkommen und kritisiert die aktuelle Praxis vieler Krankenkassen wie folgt: "Mit dieser rigiden Lösung wollen sich die Kassen einen großen Teil der rund 350.000 Selbständigen vom Hals halten, für die eine Entlastung in Frage gekommen wäre: Selbständige, die 9.800 Euro angespart haben oder eine vermietete Eigentumswohnung besitzen - nichts ungewöhnliches für eine Altersvorsorge -, fallen nun doch durch den Rost. Und es trifft auch jene, die normal verdienende Lebenspartner haben und deren gemeinsame Einkünfte 3.675 Euro übersteigen. Sie müssen weiterhin mehr Krankenversicherungsbeiträge zahlen, als es ihrem tatsächlichen Einkommen entspricht - nach wie vor eine krasse Benachteiligung gegenüber gering verdienenden Angestellten."

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