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Rentenversicherungsträger verweigern die vom Bundessozialgericht geforderten Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner


urbs-media, 27.11.2006: In unserem Update vom 18.9.2006 hatten wir über ein Urteil des Bundessozialgerichts vom Mai 2006 berichtet, das die bisher geübte Praxis der Rentenversicherungsträger bei der Berechnung von Erwerbsminderungsrenten für rechtswidrig erklärt hatte. Im Kern ging es um die Frage, ob es zulässig ist, bei den Erwerbsunfähigkeitsrenten seit 1.1.2001 bestimmte Abschläge vorzunehmen, wenn die Rente vor dem 63. Lebensjahr in Anspruch genommen wird. In der Praxis wurden z.B. bei einem Rentenbeginn mit 60 Jahren die monatliche Rente um bis zu 10,8 Prozent gekürzt.

Gegen diese Rentenkürzungen hat der Sozialverband Deutschland e.V (SoVD) für seine Mitglieder geklagt und vor dem Bundessozialgericht nunmehr Recht bekommen: In dem Verfahren ging es um eine 1960 geborene Klägerin, deren Erwerbsminderungsrente bei einem Neubescheid im Jahr 2003 aufgrund der Abschläge um 137 Euro zu niedrig festgesetzt wurde. Diese Rentenkürzung war unrechtmäßig. Statt 800 Euro Erwerbsminderungsrente stehen der Klägerin nach dem Urteil des Bundessozialgerichts nunmehr eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 937 Euro zu.

Das Bundessozialgericht kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass das geltende Rentenrecht nur Abschläge für den vorzeitigen Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente vorsieht, wenn die Erwerbsunfähigkeitsrente erstmals nach der Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt wird. Für diejenigen Erwerbsunfähigkeitsrentner, die bereits vor dem 60. Geburtstag eine Rente bezogen, bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI dagegen ausdrücklich, dass die Zeit einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht als "Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme" gilt. Folglich sind in diesen Fällen auch keine Rentenkürzungen in Form eines verminderten Zugangsfaktors möglich (Bundessozialgericht, Urteil vom 16.5.2006 - B 4 RA 22/05 R).

Trotz dieses eindeutigen Urteils weigern sich die Rentenversicherungsträger jedoch beharrlich, die vom Bundessozialgericht geforderten Konsequenzen über den entschiedenen Einzelfall hinaus auf alle diejenigen Erwerbsunfähigkeitsrentner anzuwenden, deren Rente bereits vor dem 60. Geburtstag gezahlt wurde. Die Rentenversicherungsträger werden daher zunächst weitere Musterverfahren abwarten, weil sie sich mit dem Urteilstenor nicht abfinden wollen. Hintergrund dieser restriktiven Haltung der Rentenversicherungsträger ist offensichtlich die Tatsache, dass nach Berechnungen von Rentenfachleuten bis zu 900.000 Frührentner von dem Urteil des Bundessozialgerichts profitieren und eine Erhöhung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrenten verlangen können. Es liegt also auf der Hand, dass es hier um Milliardenbeträge geht.

urbs-media Praxistipp: Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung haben diejenigen Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Leistungsfähigkeit nach ärztlichem Zeugnis teilweise gemindert ist oder die wegen Krankheit oder Behinderung vollständig erwerbsunfähig sind (§ 43 SGB VI). Wer eine derartige Rente wegen Erwerbsminderung erstmals vor Vollendung des 60. Lebensjahres erhalten hat, sollte daher unbedingt bei seinem Rentenversicherungsträger eine Neuberechnung beantragen. Die Betroffenen sollten sich von derartigen Anträgen auch nicht davon abhalten lassen, dass die Rentenversicherungsträger das aktuelle Urteil des Bundessozialgerichts nicht als allgemeinverbindlich anerkennen.

Denn nur diejenigen Rentenbezieher, die jetzt ihre Ansprüche für die Vergangenheit geltend machen und einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X stellen, können hierdurch die drohende Verjährung ihrer Ansprüche verhindern. Nachzahlungen gibt es nämlich rückwirkend maximal für vier Jahre vor dem Zeitpunkt des Überprüfungsantrag. Werden derartige Anträge von den Rentenversicherungsträgern erwartungsgemäß abgelehnt, dann sollten die Betroffenen unbedingt Rechtsmittel einlegen um eine Rechtskraft der Ablehnungsbescheide zu verhindern und sich so auch für die Vergangenheit ihre Nachzahlungsansprüche zu sichern. Da Rechtsmittel im Sozialrecht kostenfrei sind, entsteht für die Betroffenen durch ein derartiges Vorgehen auch kein finanzielles Risiko.

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