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Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen darf nicht von der Zahlung der am Ausführungsort geltenden regionalen Tariflöhne abhängig gemacht werden


urbs-media, 7.4.2008: In zahlreichen deutschen Bundesländern gibt es spezielle Vorschriften im Vergaberecht, wonach öffentliche Aufträge nur an solche Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich schriftlich verpflichten, den bei der Auftragserfüllung eingesetzten Arbeitnehmern mindestens das am Leistungsort tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zu bezahlen. Derartige Tariftreueklauseln gibt es derzeit in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Saarland und in Schleswig-Holstein. Das nordrhein-westfälische Tariftreuegesetz aus dem Jahre 2002 wurde hingegen bereits im vergangenen Jahr aufgehoben, weil es sich in der Praxis als wirkungslos erwiesen hatte.

Der Europäische Gerichtshof hat nunmehr entschieden, dass entsprechende Regelungen in den Landesvergabegesetzen gegen EU-Recht verstoßen und damit unwirksam sind. Der EuGH beruft sich dabei auf die durch Art. 49 des EU-Vertrags geschützte Dienstleistungsfreiheit. Folglich können die betroffenen Unternehmen auch nicht verpflichtet werden, bei einer untertariflichen Bezahlung ihrer Mitarbeiter an den Auftraggeber eine Vertragsstrafe zu zahlen.

Im Urteilsfall hatte das Land Niedersachsen den Bau der Justizvollzugsanstalt Göttingen-Rosdorf einem deutschen Generalunternehmer erteilt, der sich entsprechend der landesrechtlichen Tariftreueklausel verpflichten musste, die in Niedersachsen für Bauarbeiter geltenden Tariflöhne zu zahlen. Nachträglich stellte sich heraus, dass eine als Subunternehmer eingesetzte Firma aus Polen ihren 53 auf der Baustelle eingesetzten Beschäftigten nur knapp 47 Prozent des vereinbarten Mindestlohns gezahlt hatte.

(EuGH, Urteil vom 3.4.2008 - Rechtssache C-346/06)

urbs-media Praxistipp: Die EuGH-Entscheidung bedeutet nicht, dass öffentliche Auftraggeber keinerlei Vorgaben hinsichtlich der Lohnhöhe machen können. Der Sprecher der EU-Kommission Johannes Laitenberger weist hierzu ausdrücklich darauf hin, dass die einschlägige EU-Richtlinie bei öffentlichen Aufträgen drei Möglichkeiten für Lohnvorgaben vorsehen: Entweder müsse ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn vorliegen oder ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag oder ein Tarifvertrag zwischen den größten Tarifpartnern, der eine große Mehrheit der Arbeitnehmer abdecke.

Das Luxemburger Urteil kam im übrigen für viele Beobachter sehr überraschend, weil zuvor der Generalanwalt beim EuGH in seiner Stellungnahme vorgeschlagen hatte, die umstrittene Vergaberichtlinie des Landes Niedersachsen nicht zu beanstanden. Damit handelt es sich hier um eine der wenigen Entscheidungen, in denen die EuGH-Richter von dem Votum des Generalanwalts abgewichen sind.



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