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Vorsicht Steuerfalle: Einzahlungen auf ein Oder-Konto können Schenkungssteuer auslösen


urbs-media, 20.8.2012: Wer glaubt, die deutschen Finanzämter würden sich nicht für die konkrete Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse interessieren, der irrt gewaltig. Von besonderem Interesse für den Fiskus sind dabei Einzahlungen von größeren Beträgen auf gemeinschaftliche Bankkonten. Denn dann konstruiert das Finanzamt gerne eine steuerpflichtige Schenkung, wenn der unter Ehegatten geltende Freibetrag von 500.000 Euro innerhalb von 10 Jahren überschritten wird. Haben nicht miteinander verheiratete Personen ein gemeinsames Konto, dann greift die Schenkungsteuerpflicht nach dem Gesetz sogar bereits bei relativ geringen Einzahlungen ein. So haben selbst Geschwister bei der Schenkungsteuer innerhalb von zehn Jahren nur einen lächerlich geringen Freibetrag von 20.000 Euro.

Hintergrund dieser Neugierde der Finanzbeamten in Bezug auf Gemeinschaftskonten ist die Auslegungsregelung des § 430 BGB. Hiernach sind die Inhaber eines Gemeinschaftskontos (z.B. in der Form eines so genannten Oder-Kontos) im Zweifelsfall zu gleichen Anteilen an dem Guthaben berechtigt. Zahlt nun z.B. ein Ehegatte nach dem Verkauf eines ererbten Unternehmens 1,2 Mio. Euro auf ein derartiges Gemeinschaftskonto, dann rechnet die Finanzverwaltung wie folgt:

Schenkungssteuerlicher Freibetrag des anderen Ehegatten: 500.000 Euro
Anteil am Gesamtvermögen laut § 430 BGB: 600.000 Euro
Schenkungsteuerpflichtiger Erwerb: 100.000 Euro
Steuerschuld bei einem Steuersatz von 11 Prozent: 11.000 Euro

Für den "Beschenkten" deutlich dramatischer wird eine derartige Einzahlung auf ein Gemeinschaftskonto, wenn die Kontoinhaber nicht mit einander verheiratet sind und auch nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Denn dann gelten die Personen steuerrechtlich als "Fremde". Für die Schenkungsteuer bedeutet dies, dass es nur einen Freibetrag von 20.000 Euro gibt. Zahlt der vermögendere Partner nun z.B. 200.000 Euro auf ein Gemeinschaftskonto, dann nimmt das Finanzamt eine unentgeltliche Zuwendung in Höhe von 100.000 Euro an. Nach Abzug des Freibetrags von 20.000 Euro bleibt ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von 80.000 Euro, für die bei einem Steuersatz von 30 Prozent dann locker 24.000 Euro an Schenkungsteuer fällig werden.

Der Bundesfinanzhof hat gegen diese "freischaffende Steuerfindigkeit" der Finanzverwaltung jetzt jedoch zumindest einige Hürden aufgestellt. So darf das Finanzamt den Steuerpflichtigen nicht pauschal unterstellen, bei der Einzahlung auf ein Gemeinschaftskonto handele es sich um eine freigebige Zuwendung (Schenkung) im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes. Der BFH hat dem Finanzamt daher die volle Feststellungslast dafür auferlegt, dass der nicht einzahlende Kontoinhaber im Verhältnis zum einzahlenden Kontoinhaber tatsächlich und rechtlich dazu befugt ist, über die Hälfte des eingezahlten Guthabens frei zu verfügen.

Gibt es allerdings hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.

(Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2011 - II R 33/10)

urbs-media Praxistipp: Wer nicht in die Schenkungsteuerfalle bei Gemeinschaftskonten tappen will, sollte sich daher rechtzeitig eine Gegenstrategie überlegen: Steuerrechtlich unproblematisch sind derartige Konten immer dann, wenn dort nur der laufende Verdienst eingezahlt wird, um den gemeinsamen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Als Alternative zum Gemeinschaftskonto bietet sich z.B. ein normales Konto an, für das der Partner eine unbeschränkte Bankvollmacht erhält. In diesem Fall kann das Finanzamt keine negativen schenkungssteuerlichen Folgerungen aus den Einzahlungen ziehen.

Bei Gemeinschaftskonten sollte dagegen dem Finanzamt bei größeren Einzahlungen im Beanstandungsfall immer eine Vereinbarung der Kontoinhaber präsentiert werden können, aus der sich ergibt, dass der einzahlende Kontoinhaber im Innenverhältnis über den Betrag alleine verfügen kann.

Schenkungssteuerliche Probleme beim Fehlen eine konkreten Vereinbarung können aber auch von ganz unerwarteter Seite auftreten, wie folgender Fall zeigt:

Die Eheleute M und F haben ein gemeinschaftliches Girokonto. Der Vater von M schenkt seinem Sohn 400.000 Euro für den Kauf eines Eigenheimes. Der Betrag wird auf das besagte Gemeinschaftskonto von M und F überwiesen.

Steuerrechtlich stellt sich die Schenkung wie folgt dar: M hat gegenüber seinen Vater einen steuerlichen Freibetrag von 400.000 Euro. Da dieser Freibetrag gegenüber jedem Elternteil gilt, können Kinder innerhalb von 10 Jahren aus dem Vermögen beider Eltern insgesamt 800.000 Euro erhalten, ohne das Schenkungsteuer anfällt.

In unserem Fall wurde das Geld jedoch auf das Gemeinschaftskonto von M und F überwiesen. Deshalb besteht nach der Auslegungsregel des § 430 BGB im Zweifelsfall eine Gesamtgläubigerschaft an dem Kontoguthaben, so dass M und F jeweils 200.000 Euro erhalten haben. Und weil die Schwiegertochter F schenkungsteuerrechtlich für den Vater eine fremde Person ist, gilt für F nur ein Freibetrag von 20.000 Euro. So wird das Finanzamt mit Vergnügen einen Schenkungssteuerbescheid über 54.000 Euro erlassen (30 %von 18.000 Euro).

Und glauben Sie uns: Es wird ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarungen eine Menge Scherereien und Anwaltskosten erfordern, um dem Finanzamt klarzumachen, dass ausschließlich M von dem Geld profitieren soll und deshalb keine Schenkungsteuer anfällt!



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