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Das Bundessozialgericht erlaubt den Wechsel der Steuerklasse zur Erhöhung des Elterngelds


urbs-media, 29.6.2009: Wer seinen Beruf vorübergehend zur Kindererziehung aufgibt, der hat seit Anfang des Jahres 2007 Anspruch auf das so genannte Elterngeld. Rechtsgrundlage hierfür Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, BGBl 2006 I S. 2748). Hiernach haben Eltern für maximal 12 Monate Anspruch auf 67 Prozent des letzten Nettogehalts, maximal 1.800 Euro pro Monat. Der Bezugszeitraum wird um 2 Monate auf insgesamt 14 Monate verlängert, wenn sich der vor der Geburt erwerbstätige Partner mindestens zwei Monate an der Kindererziehung beteiligt. Dazu muss er seine Erwerbstätigkeit zumindest auf 30 Wochenstunden reduzieren.

Vom früheren Erziehungsgeld unterscheidet sich das Elterngeld vor allem dadurch, dass es sich nicht wie früher um eine pauschale Leistung handelt, sondern wesentlich vom vorherigen Verdienst der Antragsteller abhängt. Maßgeblich ist dabei der Nettoverdienst in den letzten 12 Monaten vor der Geburt, also das Einkommen des betreuenden Elternteils nach Abzug der Einkommensteuer.

Damit erweist sich die Wahl der optimalen Steuerklasse als wichtigstes Mittel, um während der Elternzeit ein möglichst hohes Elterngeld beziehen zu können. Hierzu wählt derjenige Ehegatte, der nach der Geburt die Kinderbetreuung übernehmen will, möglichst frühzeitig eine niedrige Steuerklasse, also im Regelfall die Steuerklasse III statt der Steuerklasse V. Wie sich ein derartiger Steuerklassenwechsel im Einzelfall auswirken kann, zeigt das nachfolgende aus der Zeitschrift "Eltern" entnommene Beispiel:

Herr A und Frau B sind verheiratet und haben bisher die Steuerklassenkombination III/V gewählt. Hiernach bleiben Herrn A von seinem Bruttogehalt in Höhe von 3.500 Euro nach Abzug von Lohnsteuer (Steuerklasse III) und Solidaritätszuschlag ein Nettoeinkommen von 3.070 Euro. Frau B verdient aktuell monatlich 2.000 Euro, ihr Nettoeinkommen liegt bei 1.420 Euro (Steuerklasse V). Nach der Geburt des Kindes will Frau B in Elternzeit gehen.

Wenn Frau B von der Steuerklasse V in die Steuerklasse III wechselt, steigt ihr monatliches Nettoeinkommen um ca. 540 Euro auf insgesamt 1.980 Euro. Ihr Anspruch auf Elterngeld würde durch diesen Steuerklassenwechsel monatlich um ca. 360 Euro steigen (68 Prozent von 540 Euro). Herr A muss pro Monat in der Steuerklasse V zwar 820 Euro mehr Steuern bezahlen, kann sich diesen Betrag jedoch bei der Einkommensteuererklärung zurückholen.

Das Bundesfamilienministerium unter Ministerin von der Leyen hat jedoch durch eine Richtlinie die Familienkassen angewiesen, derartige Steuerklassenwechsel als rechtsmissbräuchlich zu beanstanden und bei der Berechnung des Elterngeldes zu ignorieren. Gegen diese Praxis haben zahlreiche Eltern Klage bei den Sozialgerichten erhoben, inzwischen sind zwei Prozesse vom Bundessozialgericht entschieden worden. Und diese Entscheidungen sind eine herbei Ohrfeige für die CDU-Ministerin.

Denn nach Aussage des höchsten deutschen Sozialgerichts gibt es für die Behörden keinerlei Rechtsgrundlage dafür, einen Wechsel der Steuerklasse auf einen möglichen Rechtsmissbrauch hin zu überprüfen. Ganz im Gegenteil: Der Steuerklassenwechsel ist nach dem Einkommensteuergesetz ausdrücklich erlaubt. Seine Berücksichtigung ist durch Vorschriften des Bundeselterngeld- und Erziehungszeitengesetzes (BEEG) weder ausgeschlossen noch sonst wiebeschränkt.

Hinzu kommt nach Aussage der Sozialrichter aus Kassel, dass die Möglichkeit eines derartigen Steuerklassenwechsels im Gesetzgebungsverfahren erörtert worden ist, ohne dass dabei von Rechtsmissbrauch die Rede war. Trotz der inzwischen in mehreren Bundesländern anhängigen Rechtsstreitigkeiten, die erstinstanzlich teilweise zu Lasten der Verwaltung ausgegangen sind, sei auch im Rahmen des Ersten Gesetzes zur Änderung des BEEG auf eine begrenzende Regelung verzichtet worden. Damit gibt es definitiv keine Rechtsgrundlage dafür, den Wechsel der Steuerklasse zum Zweck der Optimierung des Elterngeldes zu verbieten.

(Bundessozialgericht, Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 3/08 und B 10 EG 4/08)

urbs-media Praxistipp: Vom Grundsatz her ist das Elterngeld nach § 3 Nr. 67 EStG steuerfrei. Trotz dieser Steuerfreiheit für das Elterngeld werden sich viele Elternpaare bei der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2007 jedoch über eine saftige Steuernachzahlung ärgern. Ursache hierfür ist der so genannte Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG). Hiernach wird das Elterngeld dem übrigen Familieneinkommen hinzugerechnet und der Steuersatz für das übrige Einkommen errechnet sich dann nach einer höheren Progressionsstufe. Mit anderen Worten: Durch das vordergründig steuerfreie Elterngeld steigt die Steuerlast durch den Progressionsvorbehalt dennoch entsprechend an. Das bis Ende des Jahres 2006 gezahlte Erziehungsgeld von monatlich 300 Euro hingegen hatte keinen Einfluss auf die Steuerlast, so dass sich viele Eltern unter dem Strich wegen des Progressionsvorbehalts für das Elterngeld jetzt finanziell schlechter stehen.

Dass es sich hierbei nicht um Bagatellbeträge handelt, zeigt das folgende Rechenbeispiel der Zeitschrift "Die Welt" vom 28.4.2008.

Eine Familie hat im Jahr 2007 ein zu versteuerndes Einkommen von 40.000 Euro. Zusätzlich hat das Ehepaar Elterngeld in Höhe von 12.000 Euro erhalten. Daraus ergibt sich ohne Berücksichtigung des Elterngelds eine Steuerbelastung in Höhe von 5.700 Euro (= 14,25 Prozent). Durch den Progressionsvorbehalt für das Elterngeld erhöht sich die Steuerlast dann um 1.329 Euro auf insgesamt 7.029 Euro (= 17,573 Prozent).

Der negative Steuereffekt durch den Progressionsvorbehalt beim Elterngeld fällt prozentual besonders hoch aus, wenn die Eltern nur ein vergleichsweise niedriges Einkommen haben. Denn in den unteren Einkommensstufen steigen die Steuersätze besonders stark an. Keinen steuerlichen Nachteil durch das Elterngeld gibt es dagegen für Spitzenverdiener, denn dieser Personenkreis ist vom Progressionsvorbehalt generell nicht mehr betroffen.



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