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Möglicherweise sind die gängigen Rechtsmittelbelehrungen der Finanzämter fehlerhaft


urbs-media, 3.9.2012: Verwaltungsakte der Finanzämter enden standardmäßig mit einer so genannten Rechtsbehelfsbelehrung. Dort heißt es dann sinngemäß, dass gegen diese Entscheidung binnen eines Monats Einspruch eingelegt werden kann. Zu den Formalien des Einspruchs werden die Steuerpflichtigen dann wie folgt belehrt: "Der Einspruch ist bei dem Finanzamt schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären.

Den Fall, dass es an einer erforderlichen Rechtsbehelfsbelehrung fehlt oder wenn die Belehrung unzutreffend ist, regelt § 356 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wie folgt:

§ 356 Rechtsbehelfsbelehrung

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

Wenn nun ein Steuerpflichtiger - aus welchen Gründen auch immer - nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist dennoch gegen den Steuerbescheid vorgehen will, dann muss er sich darauf berufen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Finanzamts entweder falsch war oder ganz unterblieben ist.

Und hier sind findige Steueranwälte auf folgenden Einfall gekommen: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof können steuerrechtliche Klagen auf dreierlei Wegen eingelegt werden:

  • schriftlich (per Brief oder Tele-Fax),
  • mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und
  • elektronisch (per E-Mail).
Wenn man nun diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 26.7.2011 - VII R 30/10) auf das Einspruchsverfahren überträgt, dann stellt sich in der Tat die Frage, ob die Finanzämter in ihrer Rechtsbehelfserklärung ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass der Einspruch auch durch eine E-Mail erfolgen kann.

Diese Sichtweise wird auch vom Niedersächsischen Finanzgericht geteilt. Da die Übermittlung per E-Mail keine Unterart der Schriftform sei, müssten die Steuerpflichtigen in der Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich auch auf die Möglichkeit einer "elektronischen" Widerspruchseinlegung hingewiesen werden.

Da in dem vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Fall die Rechtsbehelfsbelehrung des Finanzamtes keinen Hinweis auf einen fristwahrenden Einspruch im Wege einer E-Mail enthielt, konnte der Steuerpflichtige sein Rechtsmittel gegen den Steuerbescheid folglich noch innerhalb der Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO einlegen.

(Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.11.2011 - 10 K 275/11)

urbs-media Praxistipp: Trotz der eigentlich eindeutigen Entscheidung aus Hannover ist die Rechtslage hinsichtlich der Einspruchsbelehrung aber weiterhin unklar. Denn in einem ähnlichen Fall hat das Finanzgericht Münster genau umgekehrt entschieden (Beschluss vom 6.7.2012 - 11 V 1706/12 E): Der einfache Hinweis des Finanzamtes auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail sei weder rechtlich unproblematisch noch vollständig. In erweiterter Form führe er zu einer überfrachteten Rechtsbehelfsbelehrung, die statt Klarheit Verwirrung schaffe.

Und so wird sich letztendlich der Bundesfinanzhof mit der Frage befassen müssen, welche Anforderungen § 356 der Abgabenordnung an eine gesetzeskonforme Rechtsmittelbelehrung stellt. Und das wird mit Sicherheit noch einige Jahre dauern.

Bis dahin kann es sich auch bei einer Versäumung der Monatsfrist für Einsprüche gegen Steuerbescheide durchaus empfehlen, den Rechtsweg zu beschreiten. Denn von einem für die Steuerzahler positiven Urteil profitieren nur diejenigen Bürger, die zuvor auch Einspruch eingelegt und gegebenenfalls geklagt haben. Wie der BFH letztendlich aber wirklich entscheiden wird, da können wir keine zuverlässige Prognose abgeben. Allerdings ist die derzeit herrschende Praxis der Finanzämter bei ihren Rechtsbehelfsbelehrrungen unserer Meinung nach nicht gesetzeskonform.



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