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Neue Einschränkungen bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz


urbs-media, 6.9.2010: Eine beliebte Methode zur Steigerung der Steuereinnahmen sind seit Jahren immer neue Beschränkungen beim Werbungskostenabzug für Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Dabei ist es gleichgültig, ob die jeweiligen Kanzler nun Kohl, Schröder oder Merkel heißen. Wir erinnern uns. Die letzte und vermutlich drastischste Verschlechterung für Berufspendler hatte die so genannte Große Koalition zum 1.1.2007 beschlossen und schlichtweg den Weg zur Arbeitsstätte zur steuerlich unbeachtlichen Privatsache erklärt und lediglich ab dem 21. Entfernungskilometer 0,30 Euro zum Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug zugelassen.

Diese steuerlichen Zusatzbelastungen, die sich im Einzelfall pro Jahr und Steuerzahler auf bis zu 650 Euro summieren konnten, hat das Bundesverfassungsgericht dann mit Urteil vom 8.12.2008 für rechtswidrig erklärt und das Finanzministerium verpflichtet, den Berufspendlern in Deutschland die inzwischen zuviel gezahlten Steuern in Höhe von etwa 2,5 Mrd. Euro zu erstatten (BVerfG, Urteile vom 9.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08 und 2 BvL 2/08).

Wer aber nun glaubte, der deutsche Fiskus werde künftig die Berufspendler in Ruhe lassen, sieht sich bitter enttäuscht. Zwar gibt es jetzt keine neuen gesetzlichen Verschlechterungen für den Fahrtkostenabzug, die Finanzverwaltung hat sich stattdessen aber ohne gesetzliche Grundlage einen einfachen "Rechentrick" einfallen lassen. Die Geschädigten sind diesmal diejenigen Berufstätigen, die einen weiten Weg zum Arbeitsplatz zurücklegen müssen und hierfür kein eigenes Kraftfahrzeug benutzen.

Denn laut § 8 Abs. 1 Nr. 4 EStG gilt in derartigen Fällen für den Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug ein Höchstbetrag von 4.500 Euro im Kalenderjahr. Die Finanzverwaltung hat nunmehr aber klammheimlich rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2009 das Computerprogramm für die Berechnung der Entfernungspauschale geändert und berechnet den Höchstbetrag nun anteilig für jeden tatsächlichen Arbeitstag. Und wer dann seine Wege zwischen Wohnort und Arbeitsplatz teilweise mit dem eigenen Kfz und teilweise mit anderen Verkehrsmitteln zurücklegt, dessen jährliche Steuerbelastung kann durch die neue Berechnungsmethode der Finanzverwaltung durchaus um mehrere hundert Euro steigen.

Beispiel: Ein Fernpendler wohnt 120 Kilometer von seiner Arbeitsstelle. Im Veranlagungszeitraum 2009 hat er diese Strecke an insgesamt 235 Tagen zurückgelegt. Im Winter (100 Arbeitstage) benutzt er öffentliche Verkehrsmittel, im Sommer (135 Arbeitstage) den eigenen Pkw.

Weil die Finanzverwaltung seit dem Veranlagungszeitraum 2009 den Höchstbetrag von 4.500 Euro für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur noch anteilig für 90 Arbeitstage anerkennt, ergibt sich jetzt folgende Rechnung:

  • 100 Tage zu je 0,30 Euro x 120 Entfernungskilometer = 3.600 Euro

    Unter Berücksichtigung des nur noch anteilig für jeden tatsächlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegten Wegs zur Arbeitsstätte gewährten pauschalen Höchstbetrags von 4.500 Euro reduziert sich der individuelle Höchstbetrag wie folgt:

  • 4.500 Euro : 235 Arbeitstage x 100 Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln = 1.914,89 Euro
Statt der nach alter Berechnungsmethode abzugsfähigen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 3.600 Euro erkennt die Finanzverwaltung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 nur noch anteilige Kosten in Höhe von 1.915 Euro an. Der Werbungskostenabzug reduziert sich damit um 1.685 Euro, was z.B. bei einem individuellen Einkommensteuersatz von 35 Prozent einen realen Einkommensverlust von 589,75 Euro bedeutet.

Wer im vergangenen Jahr für den Weg zur Arbeit teilweise andere Verkehrsmittel als das eigene Kraftfahrzeug benutzt hat und damit zu den Opfern der neuen taggenauen Höchstbetragsberechnung gehört, sollte gegen den Einkommensteuerbescheid unbedingt Einspruch einlegen. Denn für die Praxis der Finanzverwaltung gibt es keinerlei Rechtsgrundlage - sie ist willkürlich und damit verfassungswidrig. Ja - selbst in dem aktuellen amtlichen BMF-Schreiben zur Pendlerpauschale vom 31.8.2009 (BStBl. 2009 I S. 891, Ziffer 1.5) wird eine anteilige Kürzung des Höchstbetrags nicht vorgenommen!

urbs-media Praxistipp: Den durch die verfassungswidrige Kürzung der Pendlerpauschale entstandenen Schaden haben die Finanzämter im Regelfall nur bei Arbeitnehmern ohne besonderen Antrag ausgeglichen. Denn der entsprechende Vorläufigkeitsvermerk in den Steuerbescheiden galt nicht für Gewerbetreibende und Selbständige, die ihren Gewinn in Form einer Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) oder im Rahmen einer Bilanz (§ 4 Abs. 1 EStG) ermitteln.

Hier ist zum Schadensausgleich unbedingt ein Antrag der Steuerpflichtigen erforderlich. Zusätzlich empfiehlt es sich auch, die Änderung des Bescheids über den Gewerbesteuer-Messbetrag zu beantragen.

Welche Steuerschäden für die Menschen in Deutschland durch die verfassungswidrige Kürzung der Pendlerpauschale entstanden sind, zeigt die nachfolgende Tabelle.

persönlicher
Einkommensteuersatz
ungekürzte Pendlerpauschale gekürzte Pendlerpauschale Einkommensverlust
pro Jahr
20 % 360 Euro 72 Euro 288 Euro
25 % 450 Euro 90 Euro 360 Euro
30 % 540 Euro 108 Euro 432 Euro
35 % 126 Euro 72 Euro 504 Euro
40 % 720 Euro 144 Euro 576 Euro
45 % 810 Euro 162 Euro 648 Euro

Wenn beide Ehegatten Berufspendler sind, dann kann sich der finanzielle Schaden durch die Kürzung der Pendlerpauschale leicht verdoppeln und auf über 1.200 Euro pro Jahr steigen.



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