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Steuerliche Abzugsfähigkeit von Heimkosten als außergewöhnliche Belastungen


urbs-media, 16.8.2010: Entstehen einem Steuerpflichtigen im Vergleich zur überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse höhere zwangsläufige Aufwendungen, dann können diese Kosten bei der Einkommensteuer als so genannte "außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (§ 33 Abs. 1 EStG). Als derartige außergewöhnliche Belastungen kommen z.B. Krankheitskosten, Ehescheidungskosten oder Kur- und Pflegeheimkosten in Betracht.

Der Bundesfinanzhof hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung nunmehr entschieden, dass bei einem Ehepaar, das gemeinsam in einem Pflegeheim wohnt, nur die auf den tatsächlich Pflegebedürftigen Ehegatten entfallenden Heimkosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Im Urteilfall war ein Ehepaar gemeinsam in ein Alten- und Pflegeheim eingezogen. Der Ehemann war auf einen Rollstuhl angewiesen und bezog Pflegegeld nach der Stufe I. Die Ehefrau war nicht pflegebedürftig. Für Unterbringung, Verpflegung und Betreuung fielen insgesamt pro Jahr Kosten in Höhe von ca. 51.000 Euro an, die die Ehegatten als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend machen wollten.

Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang jetzt entschieden, dass in derartigen Fällen grundsätzlich nur die auf den behinderten Ehegatten entfallenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gelten. Der Umzug des nicht behinderten Partners in das Pflegeheim beruhe nicht auf einer unvermeidbaren Zwangslage, sondern auf einer freiwilligen Entscheidung. Die steuerliche Nichtanerkennung der auf den nichtbehinderten Ehegatten entfallenden Heimkosten stelle auch keinen Verstoß gegen Art. 6 Abs.1 des Grundgesetzes dar (Schutz von Ehe und Familie).

Dann macht der BFH in seinem Urteil eine weitere Einschränkung: Bei einer Pflegeheimunterbringung dürfen nicht die gesamten Heimkosten von steuerpflichtigen Einkommen abgesetzt werden, sondern es ist eine so genannte Haushaltsersparnis zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Was der Steuerpflichtige im Normalfall für Wohnen und Verpflegung ausgegeben hätte, stellt keine außergewöhnliche Belastung dar. Im Urteilsfall hat der BFH die Haushaltsersparnis monatlich mit 640 Euro angesetzt.

(Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.4.2010 - VI R 51/09)

Außergewöhnliche Belastungen können aber nicht in voller Höhe, sondern nur nach Abzug eines vom Steuerpflichtigen selbst zu tragen Eigenanteils berücksichtigt werden. § 33 Abs. EStG legt dabei drei Einkommensklassen fest, nach denen dieser zumutbare Eigenanteil zu berechnen ist.

Zumutbare Belastung in Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte

Gesamtbetrag der Einkünfte bis 15.340 Euro über 15.340 Euro
bis zu 51.130 Euro
über 51.130 Euro
1. bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach der Grundtabelle (§ 32 a Abs. 1 EStG) berechnet wird 5 % 6 % 7 %
b) nach der Splittingtabelle (§ 32 a Abs. 5 oder
Abs. 6 EStG) berechnet wird
4 % 5 % 6 %
2. bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei Kindern 2 % 3 % 4 %
b) drei oder mehr Kindern 1 % 1 % 2 %

urbs-media Praxistipp: Wenn es darum geht, Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG von der Steuer abzusetzen, zeigen sich die deutschen Finanzämter häufig sehr penibel. Unter dem Gesichtspunkt der Steuermaximierung wurden derartige Aufwendungen von den Finanzämtern nämlich nur dann steuermindernd berücksichtigt, wenn die Betroffenen vom medizinischen Dienst der Krankenkassen zumindest in die Pflegestufe I eingeordnet worden waren. Wer dagegen weniger als 45 Minuten pro Tag gepflegt werden muss (inoffizielle Pflegestufe 0), dessen Aufwendungen für die Pflege wurden nach der bisherigen Praxis der Finanzverwaltung generell nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.

Diese Vorgehensweise zum Nachteil der Steuerpflichtigen ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs schlichtweg rechtswidrig. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine krankheits- oder altersbedingte Pflege sind dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn diese nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Nicht abzugsfähig sind somit die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag bereits abgegolten sind (Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.5.2007 - III R 39/05).

Für eine Pflegeheimunterbringung bedeutet dies, dass zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenwohnheim zählen. Dagegen sind Aufwendungen für die Pflege eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen ebenso wie Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG. Ist der Steuerpflichtige in einem Heim untergebracht, sind die tatsächlich angefallenen Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn sie von den zu den Kosten der üblichen Lebensführung eindeutig abgrenzbar sind. Dies ist nach der aktuellen BFH-Entscheidung dann der Fall, wenn die Pflegekosten vom Heimträger in der Abrechnung neben den Unterbringungskosten separat ausgewiesen sind und diese Kosten leistungsgerecht sind.

Die von der Finanzverwaltung lange Zeit praktizierte Beschränkung bei der Absetzbarkeit von Pflegekosten auf die Pflegestufen I bis III war also frei erfunden. Heimbewohner sollten daher darauf achten, dass in ihren Abrechnungen auch solche Pflegeleistungen separat aufgeführt werden, die unterhalb der Pflegestufe I liegen. Dabei spielt es für die steuerliche Anerkennung derartiger Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen keine Rolle, dass neben der medizinischen Pflege in gewissen Umfang auch eine soziale Betreuung erfolgt.

Schließlich hat der Bundesfinanzhof auch entschieden, dass die gesondert in Rechnung gestellten Pflegeaufwendungen unabhängig davon als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, ob der Steuerpflichtige wegen seiner Pflegebedürftigkeit in das Heim umgezogen oder erst nach dem Umzug in ein Altenheim pflegebedürftig geworden ist.

Derzeit gibt es in den einzelnen Pflegestufen folgende Leistungen von der Pflegeversicherung, wobei zwischen Sachleistungen und Geldleistungen sowie zwischen häuslicher und stationärer Pflege zu unterscheiden ist:

Sachleistungen bei häusliche Pflege pro Monat

  • Pflegestufe I für erheblich Pflegebedürftige bis zu 384 Euro
  • Pflegestufe II für Schwerpflegebedürftige bis zu 921 Euro
  • Pflegestufe III für Schwerstpflegebedürftige bis zu 1.432 Euro
  • in besonderen Härtefäallen bis zu 1.918 Euro
Pflegegeld bei häuslicher Pflege pro Monat
  • Pflegestufe I für erheblich Pflegebedürftige 205 Euro
  • Pflegestufe II für Schwerpflegebedürftige 410 Euro
  • Pflegestufe III für Schwerstpflegebedürftige 665 Euro
Pflegekosten bei stationärer Heimunterbringung pro Monat
  • Pflegestufe I für erheblich Pflegebedürftige bis zu 1.023 Euro
  • Pflegestufe II für Schwerpflegebedürftige bis zu 1.279 Euro
  • Pflegestufe III für Schwerstpflegebedürftige bis zu 1.432 Euro
  • in besonderen Härtefäallen bis zu 1.688 Euro
Wer Familienangehörige zu Hause pflegt und deswegen nicht mehr als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig sein kann, hat Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Höhe der von der Pflegeversicherung zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge richtet sich nach der Pflegestufe des zu betreuenden Angehörigen.



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